Zunahme von Laktoseintoleranz durch die Nahrungsmittelindustrie
Vor der Globalisierung, so der Ernährungsmediziner Ledochowski, waren Genetik und Esskultur grundlegend aufeinander abgestimmt. Mit der modernen, globalisierten Nahrungsmittelindustrie hat sich dies aber in weiten Bereichen geändert, was sich gut am Beispiel von Milch zeigen lässt.
Ausschließlich in unseren Breiten ist Milch ein Nahrungsmittel, das weit über das Säuglingsalter hinaus konsumiert und auch vertragen wird. Evolutionsbiologen gehen davon aus, dass die Fähigkeit, die in der Milch enthaltene Laktose (Milchzucker) auch nach dem Säuglingsalter aufspalten zu können, einen wichtigen Überlebensvorteil gebracht hat. Demgegenüber stehen allerdings etwa 75 Prozent der Weltbevölkerung, die diese Fähigkeit nach dem Abstillen verlieren. Nehmen sie dennoch Milch zu sich, führt das Fehlen von Laktase (Enzym, das den Milchzucker aufspaltet) dazu, dass Bakterien im Darm heranwachsen, die die unverdaute Laktose vergären und damit Beschwerden wie Durchfall, Blähungen und Bauchschmerzen bedingen.
Für Griechen beispielsweise ist – unter dem Blickwinkel der Abstimmung von Esskultur und Genetik – das in ihrer Heimat hergestellte Joghurt deutlich besser verdaulich, weil es einen höheren Fettgehalt aufweist und weniger Rest-Laktose als in Deutschland oder Österreich hergestelltes Joghurt. Zudem werden bei uns hergestellte Lebensmittel vielfach mit Milchzucker versetzt und dann in Länder exportiert, in denen die Menschen mehrheitlich Laktose nicht vertragen … ein Umstand, den die Nahrungsmittelindustrie kaum berücksichtigt.
Ein möglicher Hinweis auf eine Laktoseintoleranz zeigt sich beispielsweise auch bei Menschen, deren Verdauungsbeschwerden in den klassischen Urlaubsländern (Mittelmeerraum, Asien, Afrika, Südamerika) verschwinden, was nicht so sehr auf den nachlassenden Stress zurückzuführen ist als vielmehr darauf, dass in diesen Ländern kaum laktosehältige Milchprodukte verwendet werden.