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Freie Entscheidungen sind eine Illusion. Der Ansatz von Wolf Singer
Das Gehirn hat sich im Zuge der Evolution auf eine Weise entwickelt, so der Neurobiologe Wolf Singer, die nicht notwendigerweise zur Ausbildung eines unfehlbaren kognitiven Systems führt. Erkennen können wir nur, was wir beobachten, denkend ordnen und uns vorstellen können. Was unsere kognitiven Systeme nicht erfassen können, existiert für uns nicht. Zwei Prinzipien sind es, die die evolutionären Prozesse in Bezug auf die kognitiven Systeme zu verfolgen scheinen: Die Optimierung der Signalaufnahme: Aus der Fülle der verfügbaren Informationen geht es darum, vorwiegend nur diejenigen aufzunehmen, die für die Bedürfnisse des jeweiligen Organismus bedeutsam sind. Die Sinnessysteme der unterschiedlichen Organismen weisen deshalb eine hohe Selektivität und Spezifität auf, die sich auf…
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Offene Fragen zu den Untersuchungen von Libet. Kritik an der gängigen Interpretation der Ergebnisse
Die Experimente von Benjamin Libet, die dieser in der ersten Hälfte der Achtziger-Jahre durchgeführt hatte, untersuchten den zeitlichen Zusammenhang zwischen der bewussten Entscheidung zu einer Bewegung und der Einleitung der Bewegung auf der neuronalen Ebene. Dazu wurde das so genannte symmetrische Bereitschaftspotential gemessen, das auf Grund von neuronaler Aktivität vor allem im supplementär motorischen Areal beider Hirnhälften auftritt und offenbar in engem Zusammenhang mit der Einleitung von Bewegungen steht. Insofern scheint der Zeitpunkt, zu dem das Bereitschaftspotential auftritt, Schlüsse darüber zuzulassen, wann das Gehirn mit der Vorbereitung einer Bewegung beginnt. Das Bereitschaftspotential ist allerdings so schwach, dass es nicht einfach zum Zeitpunkt seines Auftretens gemessen werden kann, sondern über eine…
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Wie bewusst sind unsere Entscheidungen? Die Untersuchungen von Benjamin Libet
Ausgangspunkt der Untersuchungen von Benjamin Libet waren die Entdeckungen des deutschen Neurophysiologen Hans H. Kornhuber und seines Mitarbeiters Lüder Deecke (1965), die den Zusammenhang zwischen willkürlichen Hand- und Fußbewegungen und elektrischen Wellenmustern im Gehirn untersuchten. Kornhuber und Deecke konnten mit Hilfe von EEG-Ableitungen zeigen, dass bei einfachen Handlungen – wie dem Bewegen einer Hand oder eines Fußes – eine Art Vorwarnung im Gehirn auftritt: Noch ehe die Handlung einsetzt, ist an den Potentialschwankungen zu erkennen, dass etwas im Gange ist – was Kornhuber und Deecke[1]Hans H. Kornhuber & Lüder Deecke: “Hirnpotentialänderungen bei Willkürbewegungen und passiven Bewegungen des Menschen: Bereitschaftspotential und reafferente Potentiale”. In: … weiterlesen als Bereitschaftspotential bezeichneten.[2]Das Bereitschaftspotenial ist nach…
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Wissen wir über die Motive unserer Handlungen Bescheid?
Schon Sigmund Freud war der Ansicht, dass wir nicht so sehr bewusste Entscheidungen treffen, sondern die Motive für unser Handeln vor allem dem Unbewussten entspringen. So wie wir uns fragen, weshalb sich ein anderer Mensch so oder so verhält, sind wir – folgen wir der Ansicht Freuds – auch bei der Erklärung unseres eigenen Handelns auf Deutungen angewiesen. Zwar glauben wir unsere Motive sicher zu kennen, doch sind diese Erklärungen in der Sprache Freuds Rationalisierungen, d.h. nicht die wahren Motive für unser Tun, sondern vielmehr Erklärungen, die uns gerade in den Kram passen. Ergebnisse der modernen Hirnforschung belegen, wie es scheint, die These Freuds. Spektakulär sind die Funde bei „Split-Brain-Patienten“,…
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Placebos im Spiegel der Komplexitätsforschung
Der Plaecebo-Effekt, so zeichnet sich immer deutlicher ab, dürfte das mächtigste Wirkprinzip der Heilkunde überhaupt sein, denn alles kann als Placebo betrachtet werden, was möglicherweise einen positiven Effekt auf das Befinden hat, ohne dass dies auf einen geprüften Wirkstoff oder einer geprüften Methode beruht. Jede medizinische oder psychologische Zuwendung vermag die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren. Erwartungshaltungen können, wie sich heute auch neurophysiologisch nachweisen lässt, Mechanismen in Gang bringen, die jenen ähneln, die von Arzneimitteln aktiviert werden, bewirken also nachweisbare, reale Veränderungen im Körper.[1]So konnten amerikanische Wissenschaftler nachweisen, dass Antidepressiva wie auch Placebos eine Änderung der Gehirn-Aktivität hervorrufen. In zwei neunwöchigen placebokontrollierten Studien … weiterlesen Und andererseits können selbst wissenschaftlich nachweisbare…
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Der Prozess der Selbstorganisation komplexer Systeme
Als Selbstorganisation bezeichnet man das spontane Auftreten neuer Strukturen und neuer Verhaltensweisen in offenen Systemen, die, fern von einem energetischen Gleichgewicht, durch innere Rückkoppelungsschleifen charakterisiert sind. Auf der Basis von Selbstorganisation, die sich mathematisch durch nichtlineare Gleichungen beschreiben lässt, können sich Strukturen verändern, ausdifferenzieren und weiterentwickeln. Die Theorie der Selbstorganisation[1]Die Theorie der Selbstorganisation wird auch als Theorie der Ordnungsbildung nichtlinearer Systeme bezeichnet (vgl. Komplexe Systeme. Grundprinzipien der Chaostheorie). ist ein zentraler Begriff der systemischen Betrachtung alles Lebendigen und beschreibt, wie Systeme innerhalb des Bereichs bestimmter Anfangs- und Rahmenbedingungen spezifische Ordnungszustände einnehmen. Diesen Prozess kann man zwar von außen anregen, aber nicht auf ein bestimmtes Ziel hin festlegen.[2]Die Theorie der Selbstorganisation…
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Implikationen der Komplexitätstheorie
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Komplexe Systeme. Grundprinzipien der Chaostheorie
Die Komplexitätsforschung (früher auch als Chaostheorie bezeichnet) geht davon aus, dass alle lebenden Systeme (unabhängig davon, ob es sich dabei um soziale, ökonomische, ökologische, biologische oder andere Systeme handelt) gleichen Grundprinzipien unterliegen. Dies gilt sowohl für den Aufbau und den Erhalt von Struktur und Funktion als auch für die unterschiedlichen Zustände von Ordnung, die innerhalb eines Systems in einem Prozess der Selbstorganisation (vgl. Der Prozess der Selbstorganisation komplexer Systeme) entstehen, bestehen und sich gleichzeitig laufend verändern können. Chaos im Sinne der Komplexitätsforschung meint einen Ordnungszustand, der in komplexen Systemen durch Selbstorganisation entsteht. Ein chaotischer Ordnungszustand ist zwischen dem Bereich der linearen Vorhersagbarkeit und dem absolut zufälligen (stochastischen) Bereich angesiedelt. Man…
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Biorhythmus
Eine Vorhersage guter und schlechter Tage aus den zyklischen Veränderungen unseres Organismus stammt von Harold R. Willis, der das Konzept des Biorhythmus entwickelte. Die Basis dafür stammt vom Berliner Arzt Wilhelm Fliess und dem Wiener Psychologen Hermann Swoboda. Die Theorie des Biorhythmus geht davon aus, dass im Augenblick der Geburt drei grundlegende zyklische Rhythmen gestartet werden: ein 23 Tage dauernder “körperlicher” Zyklus, ein 28 Tage dauernder “emotionaler” Zyklus und ein 33 Tage dauernder “intelektueller” Zyklus. Die Schwankungen in diesen Zyklen, die wie Sinus-Kurven aufgefasst werden, wirken in ihrer ersten Hälfte positiv und in der zweiten Hälfte negativ auf die Leistungsfähigkeit in Hinblick auf körperliche, emotionale und intelektuelle Bedingungen.[1]H.R. Willis: Biorhythm…
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Der Einfluss des Frühlings auf den Menschen (“Spring Fever”)
Dass viele verschiedene Rhythmen für das optimale Funktionieren des menschlichen Organismus verantwortlich sind, ist eine wichtige Erkenntnis der Chronobiologie und Chronomedizin. Zu den längerfristigen Zyklen, die nachweislich einen deutlichen Einfluss auf unser Leben haben, gehören die Jahreszeiten. Ihr Einfluss ist jedoch, wie uns die Erfahrung lehrt, selbstverständlich nicht auf den Menschen beschränkt, sondern betrifft vielfältige Vorgänge in der Natur. Ein kleiner männlicher Kanarienvogel etwa – wie p.m. berichtet – zwitschert das ganze Jahr hindurch vor sich hin, Ende Februar jedoch verändert sich sein Verhalten deutlich: Plötzlich singt er die schönsten Melodien und ahmt auch Lieder anderer Vögel nach. Sein Repertoire vergrößert sich fast täglich – mit dem Ziel damit Weibchen…