Sportverletzungen und Dysfunktionen des Bewegungsapparates aus der Sicht der Traditionellen Japanischen und Chinesischen Medizin (Irene Reichl)
In den letzten Jahren findet die traditionelle chinesische Medizin immer mehr Eingang in die Sportmedizin. Sowohl akute Traumen als auch chronische Schmerzen und Probleme des Bewegungsapparates werden mittels Akupunktur behandelt. Darüber hinaus wird auch der positive Effekt auf die physische und psychische Leistungsfähigkeit im Sport erforscht.
Einander ergänzende Zugänge von östlicher und westlicher Medizin
Es ist vorteilhaft, Erkrankungen des Bewegungsapparates sowohl anatomisch als auch nach den Regeln der TCM zu betrachten. Die westliche naturwissenschaftliche Medizin betont die anatomischen Strukturen wie Bänder, Knochen, Sehnen, Muskeln, Faszien etc. und beschreibt die Lage dieser Elemente zueinander und deren Zusammenarbeit. Die westliche Diagnostik erm¨oglicht eine sehr detaillierte und mächtige Beschreibung der einzelnen (betroffenen) Gewebe und somit der strukturellen Anteile einer Verletzung. Ausgefeilte Behandlungsmöglichkeiten reichen von medikamentösen Therapien über Massagen, Physiotherapie, physikalischer Therapie u.s.w. bis hin zu Chirurgie und Endoprothetik.
Die TCM betrachtet weniger die Strukturen, dafür die Funktionen oder Aktivit¨aten von einzelnen Teilen und deren Zusammenspiel und das Gesamtbild, das sich ergibt. Beobachtet werden in der TCM die Leitbahnen (jing-luo), die inneren Organe (zang-fu), die Energie (qi) und das Blut (xue).
Die soeben dargestellten zwei Standpunkte sind komplementär, mit anderen Worten, sie ergänzen einander bei der Analyse einer (Sport-)Verletzung. Es sei hinzugefügt, dass weder der westliche Standpunkt Funktionen ignoriert, noch der östliche Strukturen, sondern lediglich der Schwerpunkt anders gesetzt ist. David Legge sieht die Grenzen der schulmedizinischen Diagnostik dort, wo ein Patient unter Problemen leidet, bei denen noch keine strukturellen Veränderungen stattgefunden haben. Lange bevor es zu jenen kommt, gibt es schon funktionelle Störungen. In dieser frühen Phase Veränderungen zu erkennen, ist mit den Mitteln der Schulmedizin schwer, weil sie ja darauf spezialisiert ist, Strukturen zu untersuchen. Nicht nur westliche Diagnostik, sondern auch die meisten westlichen Therapien (Chirurgie, medikamentöse Therapie) beziehen sich auch genau auf die strukturellen Anteile. Mitunter ist die Behandlung von schwerwiegenden Nebenwirkungen und der Schädigung anderer körperlicher Funktionen begleite … weiterlesen