Rechtliche Rahmenbedingungen zur Ausübung von komplementären und alternativen Behandlungsmethoden (CAM) in Österreich
„Komplementäre Methoden“, so das Österreichische Bundesministerium für Gesundheit auf seiner Website zum Thema Komplementär- und Alternativmedizin (http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Medizin/Komplementaer_Alternativmedizin), „werden in den Medien sehr stark beworben und müssen auch vor dem Hintergrund ökonomischer Interessen der AnbieterInnen beurteilt werden. Gerade deshalb ist es enorm wichtig, Bürgerinnen und Bürgern eine objektive und neutrale Information zur Verfügung zu stellen.“
Da Informationen zu Komplementär- und Alternativmedizin wie auch sonstigen komplementären Behandlungsmethoden wesentliche Aspekte für die Gesundheitskompetenz („health literacy“) der Bevölkerung bedeuten, wird auf der oben angeführten Seite (und ihren Unterseiten) aufgezeigt, welche gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe, aber auch welche Gewerbe mit Gesundheitsbezug Komplementärmedizin bzw. sonstige komplementäre Behandlungsmethoden anwenden. Erklärtes Ziel der Darstellung des Gesundheitsministeriums ist es, Konsument*innen bei ihrer eigenverantwortlichen Entscheidung für oder gegen komplementärmedizinische oder sonstige komplementäre Methoden zu unterstützen, ohne jedoch die Wirksamkeit einzelner Methoden zu bewerten (wofür zum Teil auch Studien fehlen, die die erforderliche Wirksamkeit und Sicherheit wissenschaftlich belegen).
Generell wird schon eingangs festgehalten, dass Diagnostik, Behandlung bzw. Therapie von Krankheiten oder krankheitswertigen Störungen in Österreich gesetzlich geregelten Gesundheitsberufen vorbehalten ist. Anderen Personen sind diese Tätigkeiten verboten.
Diagnose- und Behandlungsvorbehalt der gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe
„Die Untersuchung auf das Vorliegen einer Krankheit oder krankheitswertigen Störung sowie deren Behandlung sind in Österreich vor allem Ärztinnen und Ärzten für Allgemeinmedizin und Fachärztinnen und Fachärzten vorbehalten, auch wenn dies mit Hilfe komplementärmedizinischer oder sonstigerkomplementärer Methoden erfolgt.
Dieser Arztvorbehalt, der dem Schutz der Patientinnen und Patienten und der Qualitätssicherung in der Ausübung der Medizin dient, bedeutet auch für den Bereich der Komplementärmedizin einen Ausschließlichkeitsanspruch für Ärztinnen und Ärzte auf die Ausübung ärztlicher Tätigkeiten.
Die Diagnostik und Behandlung von psychischen Verhaltensstörungen und Leidenszuständen fällt auch in das Berufsbild der Psychotherapeutinnen oder Psychotherapeuten, der klinischen Psychologinnen oder Psychologen und der Gesundheitspsychologinnen und Gesundheitspsychologen.
Die Behandlung von Menschen mit Verhaltensstörungen und Leidenszuständen durch den Einsatz musikalischer Mittel ist Musiktherapeutinnen und Musiktherapeuten vorbehalten.
Alle Maßnahmen zum Zwecke der Förderung, Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung der Gesundheit im ganzheitlichen Sinn gehören ebenfalls zu den Tätigkeitsbereichen der Gesundheitsberufe.“[1]Quelle: Bundesministerium für Gesundheit
Komplementär- und Alternativmedizin
Das Bundesministerium für Gesundheit favorisiert den Begriff Komplementärmedizin, um zu signalisieren, dass diese Methoden nicht als Alternativen zur Schulmedizin angesehen werden sollen und definiert Komplementärmedizin als ein breites Spektrum von Disziplinen und Behandlungsmethoden, die auf anderen Modellen der Entstehung von Krankheiten und deren Behandlung basieren als jene der Schulmedizin. „Definitionsgemäß“, so die Website des Gesundheitsministeriums, werden sie ergänzend zur Schulmedizin eingesetzt (http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Medizin/Komplementaer_Alternativmedizin/Komplementaermedizin_komplementaere_Methoden; siehe auch „Komplementäre Heilmethoden und traditionelle Anwendungen in Österreich“ von Dr. Michaela Nosck-Licul: http://bmg.gv.at/cms/home/attachments/0/0/1/CH1092/CMS1311593085442/heilmethoden1.pdf).
Alternativmedizin, „Complementary and Alternative Medicine – CAM“, Ganzheitsmedizin, Integrative Medizin, Naturheilkunde, traditionelle Medizin (z.B. chinesische, europäische, tibetische …) sind in der Begriffsdefinition des Ministeriums verwandte Überbegriffe, die Heilmethoden oder diagnostische Konzepte bezeichnen, wobei die heutige Begriffsvielfalt auf die lange Tradition der Auseinandersetzung zwischen anerkannten medizinischen Verfahren und den so genannten „Außenseitermethoden“ zurückgehe (und damit festhält, dass es sich in ihrem Verständnis immer nur um komplementäre, nicht alternative Konzepte handle).
Komplementäre Methoden finden außer in der Medizin beispielsweise auch Anwendung in der Psychotherapie, der klinischen Psychologie sowie in der Gesundheitspsychologie und Musiktherapie.
Komplementäre Methoden
Auf Basis methodischer Ansätze werden auf der Website des Gesundheitsministeriums nachfolgende Kategorien komplementärer Methoden gebildet:
- Methoden, die am Denken oder Erleben ansetzen, um Veränderungen am Körper zu bewirken, wie Meditation oder Entspannungstechniken.
- körperbezogene, manuelle Methoden, wie alternative Massagetechniken, Shiatsu oder Therapeutic-Touch
- Methoden, die auf alternativen Bewegungskonzepten beruhen, wie Feldenkrais oder Biodanza
- energetische Methoden mit und ohne spirituellen Hintergrund, die mit der Vorstellung besonderer Kräfte oder „Energien“ arbeiten, wie Bioresonanz, Biotensor oder Prana Energiearbeit)
- Kräuterheilkunde (Phytotherapie) und Naturheilkunde fassen Methoden zusammen, die pflanzliche bzw. natürliche Substanzen innerlich und äußerlich einsetzen, in Form von Kräutern, Tees, Salben, Hausmittel u.a.m.[2]Anmerkung des Autors der Zusammenfassung: Entgegen der einleitenden Aussage auf der Website, keine Wertungen zu den angeführten Methoden abzugeben, wird bei dieser Auflistung einseitig angeführt, … weiterlesen
Als weitere Beispiele komplementärer Methoden angeführt werden
- Anthroposophische Medizin
- Homöopathie
- Traditionelle Europäische Medizin (TEM)
- Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)
Anbieter komplementärmedizinischer und komplementärer Methoden
Anbieter sind[3]Quelle: http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Medizin/Komplementaer_Alternativmedizin/AnbieterInnen
- gesetzlich geregelte
- Gesundheitsberufe,
- Gewerbe und sonstige AnbieterInnen
Gesetzlich geregelte Gesundheitsberufe
Gesetzlich geregelte Gesundheitsberufe sind
- Apotheker*innen
- Ärzt*innen
- Gehobene medizinisch technische Dienste (z.B. Diätolog*innen, Physiotherapeut*innen)
- Gesundheits- und Krankenpflegeberufe
- Gesundheitspsycholog*innen
- Hebammen
- Klinische Psycholog*innen
- Medizinische MasseurInnen und Heilmasseur*innen
- Musiktherapeut*innen
- Psychotherapeut*innen
- Zahnärzt*innen
Angemerkt wird hinzu, dass in Österreich die Ausbildung zu Tätigkeiten der gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe ausschließlich den in den jeweiligen Berufs- und Ausbildungsgesetzen normierten Ausbildungseinrichtungen vorbehalten ist. Zusatzausbildungen im Bereich Komplementärmedizin werden für Ärzt*innen (z.B. Fortbildungsdiplome der Österreichischen Ärztekammer), Angehörige der Gesundheits- und Krankenpflegedienste (z.B. Komplementäre Pflege Anlage 1Z 15,16, 17 GuK-WV), Hebammen, Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten angeboten. Die Tatsache des Ausbildungsangebotes trifft, so die Website des Gesundheitsministeriums, aber keine Aussage über die Qualität der Ausbildung oder eine Wirksamkeit und den Grad der Evidenz der Methoden.
Reglementierte Gewerbe mit Gesundheitsbezug
Reglementierte Gewerbe mit Gesundheitsbezug sind
- Augenoptik
- Bandagist*innen;
- Orthopädietechnik;
- Miederwarenerzeugung
- Drogist*innen
- Fußpflege
- Kosmetik (Schönheitspflege)
- Lebens- und Sozialberatung (inkl. sportwissenschaftliche Beratung und Ernährungsberatung)
- Massage
- Zahntechniker*innen
Im Gewerbe werden komplementäre Methoden an gesunden Menschen zur Verbesserung des Wohlbefindens, zur Förderung der Gesundheit oder im Bereich Wellness eingesetzt. Die gewerbsmäßige Ausübung von Tätigkeiten, die nicht gesetzlich verboten sind, wird durch die Gewerbeordnung 1994 geregelt. Gewerbliche Vorschriften fallen in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend.
Angehörigen dieser Gewerbe ist eine Diagnostik, Behandlung bzw. Therapie von Krankheiten oder krankheitswertigen Störungen nicht erlaubt.
Freie Gewerbe
Die Ausübung „energetischer“ Tätigkeiten fällt in den Bereich des freien Gewerbes.
Anbieter*innen mit freiem Gewerbe benötigen keinen Befähigungsnachweis und haben keine Kompetenzen erworben, um Krankheiten oder krankheitswertige Störungen erkennen zu können. Es ist ihnen eine Diagnostik, Behandlung bzw. Therapie von Krankheiten oder krankheitswertigen Störungen nicht erlaubt.
Sonstige AnbieterInnen
Komplementäre Methoden werden auch von Personen angeboten, die weder in einem Gesundheitsberuf noch in einem Gewerbe eine gesetzlich geregelte Ausbildung absolviert haben, wie Wender*innen , Geistheiler*innen, Spruchheiler*innen und Schaman*innen.
Bei diesen Anbieter*innen ist nicht gewährleistet, dass sie Krankheiten oder krankheitswertige Störungen erkennen können und damit Patientinnen und Patienten gefährden oder schaden.
Angehörige des freien Gewerbes ist jegliche Diagnostik, Behandlung bzw. Therapie von Krankheiten oder krankheitswertigen Störungen verboten.
Rechtsgrundlagen
Für die Ausübung komplementärmedizinischer Methoden sind insbesondere folgende gesetzlichen Grundlagen relevant:[4]Quelle: http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Medizin/Komplementaer_Alternativmedizin/Rechtsgrundlagen
- Ärztegesetz 1998
- Ausbildungsvorbehaltsgesetz
- Gesundheits- und Krankenpflegegesetz
- Hebammengesetz
- Kranken- und Kuranstaltengesetz
- Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz
- MTD-Gesetz
- Musiktherapiegesetz
- Psychologengesetz
- Psychotherapiegesetz
- Zahnärztegesetz
Untersuchungen auf das Vorliegen einer Krankheit oder krankheitswertigen Störung sowie deren Behandlung oder Therapie sind den gesetzlich geregelten Gesundheitsberufen vorbehalten, auch wenn sie mittels komplementärmedizinischer oder sonstiger komplementärer Methoden erfolgen. Andere Personen, die derartige Tätigkeiten anbieten, machen sich strafbar.
Angehörige von gewerblichen Berufen (z.B. Gewerbe der Massage, Lebens- und Sozialberatung, Humanenergetik) dürfen keine medizinischen bzw. psychotherapeutischen oder klinisch-psychologischen Diagnosen stellen und keine Behandlungen bzw. Therapien zur Linderung oder Heilung von Krankheiten oder krankheitswertigen Störungen vornehmen.
Für Angehörige gewerblicher Berufe sind die Gewerbeordnung 1994 und folgende Verordnungen relevant:
- Ausübungsregeln für Fußpflege, Kosmetik und Massage durch Gewerbetreibende
- Lebens-und Sozialberatungs-Verordnung
- Massage-Verordnung
Weiterführende Informationen
- Eduard Tripp: Rechtliche Rahmenbedingungen von CAM in Österreich (2016)
- Susanne Weiss: Aspekte der rechtlichen Situation der Berufsausübung im komplementärmedizinischen Bereich (Bundesministerium für Gesundheit Abt. II/A/3 117. Amtsärztliche Fortbildungsveranstaltung, 6. Dezember 2011)
- Dachverband für Traditionelle Chinesische Medizin & verwandte Gesundheitslehren Österreichs: http://www.dachverband-tcm.at
Anmerkungen
↑1 | Quelle: Bundesministerium für Gesundheit |
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↑2 | Anmerkung des Autors der Zusammenfassung: Entgegen der einleitenden Aussage auf der Website, keine Wertungen zu den angeführten Methoden abzugeben, wird bei dieser Auflistung einseitig angeführt, dass die chemische Herstellung von Arzneimitteln, die zum Teil aus pflanzlichen Inhaltsstoffe entdeckt wurden, in einer standardisierten Herstellung, Dosierung und Sicherheitsprüfung liegt. Etwaige positive Aspekte von Kräutern und ihren Zubereitungen werden nicht erwähnt. |
↑3 | Quelle: http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Medizin/Komplementaer_Alternativmedizin/AnbieterInnen |
↑4 | Quelle: http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Medizin/Komplementaer_Alternativmedizin/Rechtsgrundlagen |