Heilende Ernährung nach TCM. Ein begleitendes Handbuch für Shiatsu-Klient*innen (Susanne Rosenlechner)
Als ich vor einigen Jahren meine Ausbildung zur Shiatsu-Praktikerin begann, zeigte sich schnell ein großes Interesse an der chinesischen Ernährungslehre. Ich war fasziniert von dem Gedanken, mit den richtigen Nahrungsmitteln den Körper in seiner Heilungsphase zu unterstützen. Und dennoch war mein Leben damals geprägt von Stress und schlechten Ernährungsgewohnheiten. Gleich früh am Morgen verlangte mein Körper nach Zucker in flüssiger Form, je kälter das Getränk, desto lieber war es mir. Dazu gesellte sich ein Schinken- Käse-Weckerl, welches ich schnell auf dem Weg in die Arbeit runterwürgte. Zu Mittag habe ich zwar oft ein vernünftiges Mahl in der Büroküche zubereitet, aber abends kompensierte ich dieses bekömmliche Essen wieder mit eher ungesundem Zeugs. Hauptsache viel und kurz vor dem Schlafengehen. Dass dabei meine Verdauung überhaupt nicht mitspielte, ignorierte ich gekonnt. Wenn ich ein Essen nicht vertragen hatte, zeigte sich das relativ rasch nach der Nahrungsaufnahme in Form von flüssigem Durchfall. Das war kurz schmerzhaft aber relativ berechenbar. Ich konnte also gut leben. Schließlich hatte ich Wichtigeres zu tun, als mich um meine Verdauung zu kümmern.
Dann schenkte mir das Leben einen Schlüsselmoment: Ich wurde krank. Nicht gravierend. Aber ich war ein paar Tage ans Bett gefesselt. Und es ging mir zumindest so gut, dass ich lesen konnte. Zum Glück! Ich hatte doch vor Monaten dieses 5-Elemente Ernährungslehre Buch bestellt und nie wirklich darin gelesen. Nun war die Zeit dafür. Ich blätterte darin und mir wurde schnell wieder klar, warum ich mich noch nicht näher damit befasst hatte. „Was haben sich die Chinesen da wieder ausgedacht…“ lautete jeder dritte Gedanke in meinem Kopf. Ich war überfordert und frustriert. Es konnte doch nicht sein, dass das so kompliziert ist. „Im Kreis kochen“ als ob das was am Geschmack ändern würde. Ich ließ den Theorieteil fürs Erste aus und widmete mich einfacheren Themen. Langsam rüttelte mich der eine und andere Hinweis wach. Mir wurde klar, dass ständige Müdigkeit, Schlafstörungen, emotionale Ausbrüche genauso mit den Ernährungsgewohnheiten zu tun haben können, wie die offensichtlichen Verdauungsprobleme. Dass es sehr wohl etwas mit mir macht, wenn ich im Stress oder mit negativen Gedanken mein Essen runterschlinge und dass es ebenso wenig förderlich ist, neben dem Kochen die frustrierenden Welt-Nachrichten zu hören. Ja, das schmeckt man!
Auch wenn ich in der Theorie noch bei weitem nicht alles verstand, wurde ich immer neugieriger. Ich wollte die 5-Elemente Küche ausprobieren und startete mit einem Spiegelei nach TCM. Ich kam mir leicht lächerlich vor, ein Rezept dafür zu verwenden, aber ich machte schließlich mein erstes TCM-Experiment in der Praxis. Ich erhitzte die Pfanne (Feuer), gab etwas Öl hinein (Erde), schlug das Ei auf (nochmal Erde), würzte mit Pfeffer (Metall) und Salz (Wasser) und verfeinerte das Menü noch mit Petersilie (Holz) und Paprikapulver (Feuer). So sieht das Kochen im Kreis aus, einmal durch alle fünf Elemente. Das war ein Erlebnis! Ich hätte nie im Leben Paprikapulver über ein Spiegelei gestreut. Aber es schmeckte vorzüglich und ich war bereit für die nächsten Schritte. Ich nahm die TCM-Nahrungsmittelliste zur Hand und schrieb mir von jedem Element die Lebensmittel heraus, mit denen ich gerade am meisten kochte.
Ich habe gemerkt, dass das Element Feuer so gut wie nie in meinen Rezepten vorkam. Das durfte sich von nun an ändern! Die darauffolgenden Geschmackserlebnisse waren Faszination und Gedicht zugleich. Ein Gericht mit allen fünf Elementen schmeckt einfach runder, köstlicher und ist super bekömmlich. Das hätte ich nie für möglich gehalten. Mittlerweile koche ich fast automatisch mit allen Elementen, wenn auch nicht immer im Kreis. Ich bekam mit der 5-Elemente Küche nicht nur meine Verdauungsprobleme in den Griff, sie förderte vor allem mein gesamtes Wohlbefinden. Es fühlt sich einfach gut an in meiner Mitte. „Das will ich einmal meinen künftigen Shiatsu-Klient*innen mitgeben“, dachte ich damals. Und nun stehe ich am Ende meiner Ausbildung und möchte mit dieser Diplomarbeit den Einstieg in die 5-Elemente-Küche erleichtern.
Den ersten Teil widme ich der Theorie, weil ein paar Fakten unerlässlich sind, um die Hintergründe zu verstehen. Dabei ist es mir ein großes Anliegen, die Themen so übersichtlich und verständlich wie möglich zu erklären. Ich habe ja selbst einen gewissen Unterhaltungsanspruch und möchte nur die wichtigsten Gebiete erwähnen, damit das Grundgerüst klar ist und Du im Idealfall sogar die Lust verspürst, mit weiterführender Literatur noch tiefer in die Thematik einzutauchen.
Im zweiten Teil gehe ich gezielt auf eine Auswahl an Beschwerden ein, die mir in meiner regelmäßigen Übungs-Praxis häufig begegnet sind. Dabei gebe ich einen Einblick in die chinesische Diagnostik und welche Ernährungsweise jeweils dazu empfohlen wird.
Außerdem findest Du im Anhang noch eine TCM- Lebensmitteltabelle, damit Du sofort Deine Lieblingsgerichte nachkochen kannst. Bevor wir nun in die Materie eintauchen, möchte ich noch einen Punkt erwähnen: In der 5-Elemente Ernährung geht es nicht darum, auf Deine Lieblings-Lebensmittel zu verzichten. Es ist egal ob du vegan, vegetarisch oder Fleisch- und Fisch-Esser*in bist. Du darfst alles essen, was Deinem Körper guttut, solange du die Vielseitigkeit im Auge behältst. Alles in Maßen, dafür von allem etwas. Hör auf Deinen Körper und lass Dir sagen, was er in unterschiedlichsten Situationen an Nahrung von Dir braucht. Du machst Dir Deine Speisen mit der 5-Elemente Ernährung so bekömmlich, dass es eine Freude für Deine Seele und Deinen Geist ist, in diesem Körper wohnen zu dürfen. Dein Essen will mit viel Genuss und Ruhe zelebriert werden.
Das bist Du Dir wert!
Einleitung
Die Basis für ein gesundes Leben mit viel Lebensenergie liegt in der traditionell chinesischen Medizin in einer guten Lebensführung und einer bekömmlichen Ernährung. Die meisten Chinesen wählen ihre täglichen Mahlzeiten so aus, dass sie ihrer Gesundheit zugutekommen. Die meisten haben ein Grundwissen darüber, wie Beschwerden als Warnung für die Entstehung einer Krankheit gedeutet werden können und welche gesundheitliche Wirkung jedes einzelne der traditionellen Gerichte hat. Greifen wir im Westen bei ersten Beschwerden häufig zu diversen Arzneimitteln, wird in der TCM zuerst mit den richtigen Nahrungsmitteln gegengesteuert … weiterlesen