Glück und Zufriedenheit. Glück kann man lernen

Was ist Glück?

Während die deutsche Sprach für “Glück haben” und “Glück empfinden” nur einen Begriff kennt, unterscheidet die englische Sprache “luck” (im Sinne von Glück haben) und “happiness” (im Sinne von Glück empfinden). Mit einer solchen sprachlichen Trennung ist es auch leichter nachvollziehbar, dass jemand Pech (kein Glück) haben kann und dennoch glücklich sein (Glück empfinden) kann. Äußere Faktoren tragen nämlich, so zeigt die moderne Sozialpsychologie, erstaunlich wenig zur Lebenszufriedenheit bei. Alle diese Faktoren wie Einkomen, Familienstand, Wohnsituation und ähnliches mehr erklären weniger als 15 Prozent der Stimmungsabweichungen zwischen den unzufriedenen, unglücklichen und zufriedenen, glücklichen Menschen.

In Deutschland beispielsweise erklärt sich seit den eher kargen 1950er-Jahren ziemlich gleichbleibend nur ein wenig mehr als die Hälfte der Einwohner mit ihrem Leben zufrieden. Und in Österreich ist dieser Anteil ähnlich – die enormen Zuwächse an Wohlstand und Freizeit seit den Nachkriegsjahren haben uns (leider) – im Gesamten gesehen – kaum glücklicher gemacht.[1]Erstmalig war es die amerikanische Unabhängigkeitserklärung, die festhielt, dass “Leben, Freiheit und das Streben nach Glück” unveräußerliche Rechte des Menschen und der Bürger der … weiterlesen


Glück und Zufriedenheit

Lebenszufriedenheit und Glück sind zwar eng verwandt, aber doch auch wieder ganz unterschiedlich. Stefan Klein verdeutlicht dies mit einem Vergleich: Lebenszufriedenheit verhält sich zu Glück wie Filmkritik zu den Erlebnissen beim Ansehen des Films, also wie Erleben zur nachträglichen Reflexion des Erlebten.

Glück ist nach Auffassung der heutigen Neuropsychologie nämlich ein elementares Gefühl, eine unmittelbare Reaktion auf etwas, das uns widerfährt oder wir uns vorstellen. Glück spielt immer in der Gegenwart und kümmert sich weder um Glaubensvorstellungen oder philosophische Konzepte, noch die Nachbarn oder sonst etwas.

Lebenszufriedenheit hingegen bewertet vergangenes und erwartetes Glück, wobei Vergleiche eine wichtige Rolle spielen. Man lässt seinen Tag, die Wochen, die Jahre Revue passieren und fragt sich, wie es sein sollte im Vergleich zu dem, wie es ist (bzw. erlebt wird). Auf diese Weise kann beispielsweise das neue Auto eines Kollegen die eigene Lebenszufriedenheit dämpfen, Unzufriedenheit entstehen lassen.


Glück kann man lernen

Lebenszufriedenheit lässt sich messen, wenn man die Menschen bittet, ihrem Wohlbefinden eine Schulnote zu geben (vergleichend muss man dabei bedenken, wie weit es in der jeweiligen Kultur und Subkultur des betreffenden Menschen angesehen ist, wenn sich jemand beschwert bzw. wenn jemand zufrieden ist). Glück hingegen lässt sich an den Veränderungen im Gehirn ablesen, daran, ob und in welchem Maß bestimmte Botenstoffe wie Endorphine und Dopamin freigesetzt werden.

Wir werden mit der Fähigkeit für gute Gefühle, für Glück geboren. Die Mechanismen, die solche Emotionen hervorrufen, sind biologisch in uns angelegt, doch wie und wie oft wir sie gebrauchen, das bestimmen letztlich wir. Und das bedeutet, dass man Glück man auch lernen kann, denn Gedanken, vor allem aber Gefühle führen zu Veränderungen in unserem Gehirn. Mit den richtigen Übungen, z.B. Schulung der Aufmerksamkeit oder die buddhistische Übung der “Kontemplation über die kostbare Menschengeburt”, kann man deshalb seine Glücksfähigkeit steigern. Wir können, so schreibt Stefan Klein, unsere guten Gefühle trainieren, so wie wir uns eine Fremdsprache aneignen.


Was bewirkt Glück?

Und weil Glück und Lernen zusammenhängen, sind wir in einer glücklichen Verfassung kreativer und klüger. Glück macht uns klüger, und zwar nicht nur für den Augenblick, sondern auf Dauer. “The brain runs on fun”, sagen die Amerikaner, was auch die Neurowissenschaft bestätigt: Positive Emotionen lassen die Nervenverbindungen im Gehirn wachsen, “das Hirn lernt mit Begeisterung” (Gerald Hüther, Neurowissenschaftler).

Glückliche Menschen lösen Probleme besser und schneller. Sie sind aufmerksamer und auch eher bereit, das Gute in anderen Menschen zu sehen. Sie setzen sich mehr für das Gemeinwohl ein und schaffen es bei Verhandlungen besser, allen Beteiligten zu ihrem Recht zu verhelfen. Glück ist damit ein Lebensziel und zugleich ein Weg zu einem besseren Leben – oder wie es Baruch Spinoza (1632 – 1677, niederländischer Philosoph) ausdrückte: “Freude ist der Übergang des Geistes in einen perfekteren Zustand”.


Quellen

  • Stefan Klein – Glückstheoriern; Der Standard 22. Juni 2011    
  • Christoph Prantner – Recht auf Glück; Der Standard 22. Juni 2011

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Erstmalig war es die amerikanische Unabhängigkeitserklärung, die festhielt, dass “Leben, Freiheit und das Streben nach Glück” unveräußerliche Rechte des Menschen und der Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika seien. Das Recht auf Besitz hingegen wurde in der “Virginia Declaration of Rights” ausgelassen, und dennoch wird das Streben nach Glück, die Grundlage des “American Dream” in den Vereinigten Staaten seither vor allem ökonomistisch und individualistisch interpretiert, im Sinne der Selbstverwirklichung jedes einzelnen Amerikaners als gesellschaftlicher und materieller Aufstieg. Das Streben nach Glück für die ganze Gesellschaft, die Wohlfahrt, tritt dagegen in den Hintergrund.