Formen der Muskelkontraktion und Muskelarbeit
Definitionsgemäß versteht man unter eine Muskelkontraktion die aktive Verkürzung eines Muskels. Damit ein Muskel des Bewegungsapparates über den Sehnenapparat Kraft auf die Angriffspunkte an den Knochen (z.B. beim Anheben eines Beins) ausüben kann, muss dieser Kraftschluss möglichst alle Elemente der Grob- wie auch Feinstruktur des Muskelaufbaus harmonisch einbeziehen. Die verschiedenen Strukturebenen reichen dabei vom Muskel als Ganzes über die Muskelfaser und die Fibrille bis hin zum Sarkomer als kleinsten Abschnitt der Myolfibrille. Überall, und insbesondere an den Übergängen (wie Muskelfaser/Muskelfaser, Fibrille/Fibrille, Endomysium/Sehne, Perimysium/Sehne etc.), müssen die auftretenden Kräfte kontrolliert werden.[1]Eine Muskelfaser kann Kräfte von bis zu 40 N/cm2 aufbringen und ist passiv bis zu 100 N/cm2 belastbar.
Insbesondere das Endomysium trägt zur Übertragung der Kraft über die Sehnen bei, weil es direkt mit den einstrahlenden Sehnenenden verbunden ist. Das Endomysium wiederum nimmt über myotendinöse Verbindungen die auf die Enden der Aktinfilamente ausgeübten Kräfte direkt auf – was den Anschluss an die Muskelkraft gewährleistet.
Ausgelöst wird die Muskelkontraktion durch einen Nervenimpuls. Bei dem damit in Gang gesetzten chemischen Vorgang schieben sich die Myofibrillen (feine Eiweißfasern; siehe Aufbau der Muskelfaser) ineinander. Endet die Versorgung des Muskels durch die entsprechenden Nervenimpulse, entspannt sich der Muskel wieder.
Arten der Muskelkontraktion
Je nach Kraft- bzw. Längenänderung des Muskels werden drei Arten von Muskelkontraktion unterschieden:[2]In der biologisch-physiologischen Betrachtungsweise versteht man unter Kraft die Fähigkeit äußere Kräfte und Widerstände zu überwinden (konzentrische Muskelarbeit), zu halten (isometrische … weiterlesen
- Isotone[3]Isoton (isotonisch): gleichgespannt Kontraktion
Der Muskel verkürzt sich ohne Kraftänderung (Spannungsänderung, Tonusänderung), d.h. die kontraktilen Elemente des Muskels (Sarkomere) werden kontrahiert, die elastischen Elemente verändern ihre Länge jedoch nicht.
- Isometrische[4]Isometrisch: gleiches Maß, gleicher Weg Kontraktion
Die Kraft erhöht sich bei gleicher Länge des Muskels, d.h. es kommt zu keiner äußerlich sichtbaren Verkürzung des Muskels. Die Länge der Sarkomere bleibt konstant (Myosin- und Aktinfilamente rutschen nicht ineinander). Die Kraftentfaltung entsteht bei dieser Form der Kontraktion dadurch, dass der obere Teil der Myosinmoleküle (die “Hälse”) elastisch gedehnt werden.
- Auxiotonische[5]Auxotonisch: verschiedengespannt, spannungsveränderlich Kontraktion
Sowohl Kraft als auch Länge des Muskels ändern sich, was die häufigste Form der Muskelkontraktion darstellt.
- Isokinetische Kontraktion
Die äußere Kraft wird trotz der sich ständig ändernden Hebelverhältnisse bzw. Drehmomente so hoch gehalten, dass das Nerv-Muskel-System in jeder Phase des Bewegungsablaufs gegen angepasste hohe Widerstände mit gleichmäßiger Geschwindigkeit tätig sein kann.
Statische und dynamische Arbeitsweise
In Hinblick auf die Muskelarbeit unterscheidet man statische und dynamische Arbeitsweisen:
Bei der statischen Arbeitsweise entsprechen innere und äußere Kräfte einander, d.h. Ursprung und Ansatz eines Muskels werden nicht angenähert. Es entsteht keine Bewegung.
Bei der dynamischen Arbeitsweise befinden sich innere und äußere Kräfte nicht im Gleichgewicht, d.h. Ursprung und Ansatz eines Muskels nähern sich an (konzentrisch) oder entfernen sich (exzentrisch). Es entsteht Bewegung.
- Konzentrische Kontraktion (positiv dynamische Arbeitsweise)
Bei intensiven dynamischen (konzentrischen) Kontraktionen über einige Minuten (z.B. bei einem Mittelstreckenläufer) finden sich sehr hohe Energieumsätze mit massiver Milchsäurebildung. Der Muskel überwindet dabei einen äußeren Widerstand und wird kürzer, d.h. Ursprung und Ansatz eines Muskels nähern sich an.
- Isometrische Kontraktion (statisch verharrende Arbeitsweise)
Bei isometrischen Kontraktionen (z.B. wenn man beim Klimmzug in einer bestimmten Position verharrt) werden hohe Maximalkräfte bei nur geringen Energieumsätzen erreicht. Die Länge des Muskels bleibt dabei gleich, obwohl der Muskel Kraft ausübt.[6]Beim Halten einer Kraft erfolgt – anders als bei der konzentrischen Kontraktion – kein Gleitvorgang zwischen AKtin- und Myosinfibrillen (siehe Aufbau von Muskel und Muskelfaser), was eine … weiterlesen
- Exzentrische Kontraktion (negativ dynamische, nachgebende Arbeitsweise)
Bei exzentrischen Kontraktionen (der Widerstand, die äußere Kraft, ist dabei größer als die Spannung im Muskel, wodurch der Muskel gedehnt wird, d.h. Ursprung und Ansatz des Muskels sich entfernen) bremst der Muskel eine Dehnung durch äußere Kräfte (z.B. das Abbremsen von Bewegungen). Dabei nimmt der Muskel mechanische Arbeit auf (negative Arbeit) und kann die höchsten Kräfte entwickeln, wobei in Strukturen besondere Belastungen auftreten. Bei intensiver negativer Arbeit (z.B. beim Bergablaufen oder beim Abfedern eines Sprungs) ist die Kraft, bezogen auf die Einzelfaser – höher als bei absolut gleicher positiver Arbeit. Die Fasern entwickeln bei dieser Art von Kontraktion mehr Kraft. Es werden weniger Fasern rekrutiert, diese aber entsprechend stärker belastet, weshalb auch eine größere Verletzungsgefahr besteht. Dieses Risiko ist besonders groß, wenn infolge mangelnder Koordination zwischen den motorischen Einheiten einzelne Fasergruppen besonders hohen Kräften ausgesetzt werden. Auch ist intensive negative Arbeit besonders gut geeignet, Muskelkater auszulösen. Die Stoffwechselbelastung hingegen ist gering.
Die kombinierte Muskelarbeit ist gekennzeichnet durch Elemente überwindender (konzentrischer) , nachgebender (exzentrischer) und verharrender (isometrischer) Muskelarbeit.
Quellen
Jürgen Weineck: Optimales Training. Spitta Verlag 2003
Anmerkungen
↑1 | Eine Muskelfaser kann Kräfte von bis zu 40 N/cm2 aufbringen und ist passiv bis zu 100 N/cm2 belastbar. |
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↑2 | In der biologisch-physiologischen Betrachtungsweise versteht man unter Kraft die Fähigkeit äußere Kräfte und Widerstände zu überwinden (konzentrische Muskelarbeit), zu halten (isometrische Muskelarbeit) oder ihnen entgegenzuwirken bzw. bremsend nachzugeben (exzentrische Muskelarbeit). |
↑3 | Isoton (isotonisch): gleichgespannt |
↑4 | Isometrisch: gleiches Maß, gleicher Weg |
↑5 | Auxotonisch: verschiedengespannt, spannungsveränderlich |
↑6 | Beim Halten einer Kraft erfolgt – anders als bei der konzentrischen Kontraktion – kein Gleitvorgang zwischen AKtin- und Myosinfibrillen (siehe Aufbau von Muskel und Muskelfaser), was eine deutlichen Einfluss auf die Kraftbildung und den Energieumsatz hat. Die exzentrische Maximalkraft kann 5 bis 45 Prozent größer sein als die isometrische. Als Erklärung dafür wird allgemein angenommen, dass sich bei der Dehnung des aktivierten Muskel-Sehnen-Systems die passiven Elastitzitätskräfte zu dem durch die Willküraktivierung realisierten Kraftbeitrag summieren. Zudem treten bei der Dehnung des Muskels durch die dabei aktivierten Muskelspindeln Dehnungsreflexe auf, die eine Erhöhung der Innvervationsaktivität und damit eine stärkere Kontraktion bewirken. Empirisch lässt sich zeigen, dass bei untrainierten Normalpersonen nur 70 Prozent der so genannten Absolutkraft (diese ist abhängig vom Muskelquerschnitt und der Muskelzusammensetzung) willkürlich aktiviert werden kann. Das nicht willkürlich aktivierbare Kraftpotential wird als autonome Reserve bezeichnet und der willkürlich erreichbare Kraftgrenzwert als Mobilisationsschwelle. |