Ernährungsempfehlungen der westlichen Medizin. Probleme und Irrtümer
Auf wissenschaftliche Studien und Empfehlungen für „gesundes Essen“, so zeigt sich, ist of kein Verlass. Wirklich zuverlässige Experimente und Studien sind im Bereich der Ernährung – leider – eine Rarität, denn häufig sind es nicht so sehr wissenschaftliche Fakten als vielmehr Vorurteile einzelner Forscher, Beamter und Politiker, die eine Hypothese zum Dogma erstarren lassen. Als Beispiel dafür führt das Wissenschaftsmagazin Science (März 2001) an, wie „fettarm“ zum Synonym für „gesund“ werden konnte. Bis heute allerdings gibt es keine Studie, die eine gesundheitsfördernde Wirkung fettreduzierter Ernährung auf gesunde Menschen statistisch nachweist.[1]Das grundsätzliche Problem von Untersuchungen, bei denen eine Gruppe von Probanden über Jahre hinweg untersucht wird, zu welchen Krankheiten es bei den Mitgliedern einer Gruppe kommt … weiterlesen Die bisher vorliegenden kleineren Studien können nicht zweifelsfrei belegen, dass ein geringerer Fettkonsum wirklich vor Herzinfarkt schützt. Und, fast im Gegenteil dazu, hat ein Expertengremium der Nationalen Gesundheitsinstitute der USA im Mai 2001 eine Kehrtwende vollzogen mit der Aussage, dass Übergewichtige mit einem „metabolischen Syndrom“ (eine Stoffwechselstörung, die zu Übergewicht, Bluthochdruck und abnormen Blutzucker- und Bluttfettwerten führt, und an der etwa die Hälfte aller Übergewichtigen leidet) besser nicht zu sparsam mit Fett umgehen.
Ähnlich revidiert haben sich auch die Vorurteile gegen Eier, die als Cholesterinbomben verteufelt waren (heute sehen Experten selbst ein Ei täglich als unproblematisch) und Butter, die durch Margarine ersetzt werden sollte (Blutfett gilt nur noch als ein Risiko unter vielen, und der Genuss von Butter wird heute weit weniger dramatisch beurteilt).
Relativiert werden mussten auch die hohen Erwartungen an Vitamin E und Beta-Karotin, die – hochdosiert – als Hoffnung gegen Krebs und Herzinfarkt angesehen wurden. In Studien haben sich diese Mittel dann aber doch nicht bewährt – geradezu im Gegenteil: Finnische Ärzte haben an einer etwa 10 000 Freiwillige umfassenden Studie gezeigt, dass Beta-Karotin nicht nur keinen positiven Effekt auf die Vermeidung von Lungenkrebs hat, vielmehr weist die Versuchsgruppe, die Beta-Karotin erhielt, ein um etwa 20 Prozent höheres Erkrankungsrisiko auf.
Große Studien, so beginnt man sich heute zu besinnen, verringern zwar das Risiko einer Fehleinschätzung, doch sind sie immer noch nicht ideal für Ernährungsempfehlungen, da sie immer nur statistische Angaben über große Gruppen liefern. Denn selbst wenn sich ein Ernährungsratschlag positiv auf die Gesundheit einer Gruppe auswirkt, bedeutet das noch lange nicht, dass dieser Ratschlag für jeden Einzelnen sinnvoll ist.
Ernährungswissenschaftler gehen heute davon aus, dass der Zusammenhang zwischen Ernährung und Gesundheit stark von der Disposition des Einzelnen abhängt. Und je nach dessen Veranlagung und Disposition kann eine Ernährungsweise für den einen Menschen gut, für andere hingegen eher schädlich sein. Das bedeutet zwar nicht, dass man keine allgemeinen Empfehlungen geben soll und darf, doch sollte dabei immer berücksichtigt werden, wie unsicher sie sind – und sie ersetzen auf keinen Fall individuell abgestimmte Empfehlungen.
Quelle
Geo Wissen – Ernährung: Gesundheit und Genuss
Anmerkungen
↑1 | Das grundsätzliche Problem von Untersuchungen, bei denen eine Gruppe von Probanden über Jahre hinweg untersucht wird, zu welchen Krankheiten es bei den Mitgliedern einer Gruppe kommt („Kohortenstudien“), liegt in der Vielzahl der zu berücksichtigenden Faktoren. Wird beispielsweise untersucht, inwieweit der Verzehr von Obst und Gemüse das Risiko beeinflusst, an Krebs zu erkranken, so muss das Ergebnis, dass Obst- und Gemüse-Esser seltener an Krebs erkranken, nicht zwangsläufig bedeuten, dass dies in der Ernährungsweise begründet liegt, denn Menschen, die von sich aus viel Obst und Gemüse essen, unterscheiden sich meist auch in anderen Eigenschaften von Menschen, die wenig Obst und Gemüse essen: Sie treiben durchwegs mehr Sport, rauchen weniger und leben auch sonst „gesünder“. Um solche, so genannte Ko-Faktoren, aus den Studienergebnissen herausfiltern zu können, müssen nicht nur alle Faktoren bekannt sein, sondern auch ihre exakte Gewichtung – was in der Praxis nur schwer möglich ist. |
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