Die Lehren des Konfuzius

Der Konfuzianismus oder auch “Lehre der Gelehrten” (Rujia) entstand im 6. Jahrhundert vor Christi Geburt, einer spirituellen und intellektuellen Blütezeit zahlreicher Kulturen, und beruht auf den Lehren von Meister Kong (Kong Fu Zi).

Konfuzius, wie er im Westen genannt wird, wurde um 551 vor Christi Geburt, zur Zeit der Chou-Dynastie, geboren. Konfuzius, der ein Gelehrter werden wollte, musste, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können, Verwaltungstätigkeiten annehmen. Als seine Mutter starb – Konfuzius war zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alt – lebte er drei Jahre lang in Askese und befasste sich vor allem mit den alten zeremoniellen Riten (Li) und Fragen der Herrschaft. Wieder ins gesellschaftliche Leben zurückgekehrt, erlangte er einiges Ansehen als Lehrer des Li und der Kunst des Regierens.

In einer Zeit großer politischer und sozialer Unruhen sah Konfuzius die Rückbesinnung auf die klassischen Tugenden als Ausweg aus dem Chaos. Herrscher, die sich seiner Ideen angenommen hätten, fand er jedoch keine, weshalb er damit begann, junge Männer zu weisen und selbstlosen Staatsdienern auszubilden.

Basis dieser Schulung bildeten die “Sechs Klassiker” (I Jing, Poesie, Geschichte, Rituale, Musik und Tanz, Frühjahrs- und Herbstannalen), die Konfuzius selbst in jener Form herausgegeben hat, die – später – als “kanonische Schriften” bezeichnet wurden (heute existieren nur noch fünf Schriften; die Abhandlungen über die Musik wurden entweder zerstört oder haben nie existiert – vom neokonfuzianischen Gelehrten Zhu Xi, 1130 bis 1200, wurden die kanonischen Schriften zu den “Vier Büchern” zusammengefasst).

Während Leben und Werk von Konfuzius zu seinen Lebzeiten eher unbedeutend waren, gewannen seine Lehre und seine Schriften nach der (brutalen) Wiedervereinigung von China an Bedeutung. Im 2. Jahrhundert vor Christi (Han-Dynastie: 202 vor Christi bis 220 nach Christi) wurden die konfuzianischen Lehren staatlich anerkannt, die kanonischen Schriften zur Grundlage der Beamtenprüfungen, und ein Leben als gelehrter und selbstloser Mensch, der sich ganz dem rechten Regieren verschrieb, galt als höchstes Ideal. Dong Zhong, ein Gelehrter der Han-Zeit, schuf – aufbauend auf den kanonischen Schriften – ein Erziehungssystem, das bis ins 20. Jahrhundert Bestand hatte, und Konfuzius selbst wurde in eigens errichteten Tempeln als Vorbild für selbstlosen Staatsdienst, Güte und Gelehrtheit verehrt.

“Jen” (übersetzbar als angeborene Güte, Liebe, Nächstenliebe, vollkommene Tugend, Menschlichkeit und Güte) ist die vorrangigste Tugend, die – im Verständnis von Konfuzius – die Gesellschaft retten kann. Konfuzius beschreibt als Ideal einen sich ganz dem Jen widmenden Menschen: “Jemand, den nicht persönlicher Gewinn, sondern das Moralische antreibt; jemand, der mehr mit persönlichem Bezug als mit öffentlicher Anerkennung befasst ist; jemand, der seiner Eltern gedenkt; jemand, der bedacht spricht, doch rasch handelt und die menschliche Natur von Grund auf gut ansieht”.

Zentrale Bedeutung in der Lehre des Konfuzius hat die praktizierte Elternliebe, die quasi das Herzstück der moralischen Besserung darstellt und sich auch im Ahnenkult fortsetzt: “Elternliebe ist die Kraft, die diese Zielsetzungen fortführt und die Angelegenheiten unserer Vorväter vollendet … Ja, den nun Toten dienen, als seien sie lebendig, und den nun Fortgegangenen, als seien sie noch mit uns. Dies ist Elternliebe in höchster Vollendung”.

Das wichtigste Vorbild jedoch sollten die Herrschenden sein, die mit vorbildhafter, persönlicher Tugend regieren, ein tugendhaftes, schickliches Leben führen, stets das Jen befolgen, aufwärts streben und stets das Richtige schätzen – anstatt niedrigen Zielen wie materiellem Gewinn zu folgen und mit physischer Gewalt zu regieren:

“Ist der Herrscher selbst aufrecht, wird alles ohne Befehle gut gehen. Ist er jedoch nicht aufrecht, wird man auch seine Befehle nicht befolgen … Wer mit Tugend regiert, gleicht dem Polarstern, der an seinem Ort bleibt, während alle Sterne sich ihm zuwenden”.

In der idealen Welt des Konfuzianismus gibt es eine Hierarchie, in der jeder seinen Platz kennt und die Übergeordneten respektiert. Die soziale Ordnung basiert auf diesem System des statusgemäßen Verhaltens, an dessen Spitze der Herrscher steht, der den Himmel zum Vorbild hat. Er dient den Menschen als Vater und bindet sie durch rituelle Zeremonien in die umfassende kosmische Ordnung ein.