Die Anfänge der japanischen Kultur

Die Jomon- und Yayoi-Kultur

Die ersten Bewohner Japans gelangten vermutlich zur Würmeiszeit über damals bestehende Landbrücken auf die Inseln. Während der Altsteinzeit hielten sie sich im Landesinneren auf und zogen erst in der Jungsteinzeit in Küstennähe, wo sie bis ins dritte Jahrhundert unserer Zeitrechnung relativ isoliert von der Außenwelt als Sammler, Fischer und Jäger lebten. Sie stellten Töpferwaren her, in denen sie ihr Essen kochten und hinterließen sogenannte Kaizuka, mit Gräten und Knochen durchsetzte Muschelhäufen. Ihre Jômon-Keramik genannten Töpfereien, die sich durch eine erstaunliche Originalität in Form und Dekor auszeichnen, gaben der frühen Kultur Japans bis etwa 250 vor Christi ihren Namen: Jômon-Kultur.[1]Quelle: Richard Rudgley: Abenteuer Steinzeit. Die sensationellen Erfindungen und Leistungen prähistorischer Kulturen. Magnus Verlag, 2001

Beispielhaft für die Keramiken der Jômon-Zeit ist der reiche Reliefdekor in Gestalt einer flammenartigen Spirale, der den Halsrand eines Trichtergefäßes schmückt. Der Ausdruck “Jômon-Keramik” bezieht sich auf den “Schnurabdruckdekor” (jômon), der durch das Eindrücken einer Schnur auf die Oberfläche der Keramik erzielt wurde.

Neben der Keramik zählen die Dogû, kleine menschenähnliche Figuren aus Terrakotta, zu den frühesten Zeugnissen der japanischen Kultur. Die Dogû, von denen bislang nur weibliche Figuren identifiziert werden konnten, deuten auf die weibliche Vorherrschaft im gesellschaftlichen Leben und einem damit zusammenhängenden Fruchtbarkeitskult hin.

Die anschließende Yayoi-Kultur trat in Verbindung mit dem wachsenden Einfluss der kontinentalen Kultur auf (und einem neuen Zustrom von Einwanderern, die auch – erstmals – Pferde und Rinder mitbrachten), der zwischen dem Ende des dritten und dem Beginn des zweiten Jahrhunderts vor Christi über die koreanische Halbinsel nach Japan vordrang. Der Yayoi-Stil griff deshalb zunächst auf den Norden Kyûshûs über und dehnte sich von dort auf Kinai aus, während in den westlichen und nördlichen Teilen von Kantô, im Norden von Tôhoku und auf Hokkaidô weiterhin die Jômon-Kultur im Vordergrund stand.

Entscheidend geprägt wurde die japanische Kultur in dieser Zeit vor allem durch zwei Neuerungen, die auf den kontinentalen Einfluss zurückzuführen sind: durch die Einführung des Reisanbaus auf bewässerten Feldern und durch die Übernahme von Metallwerkzeugen und -waffen, wobei Bronze wie auch Eisen zunächst aus Korea importiert wurden. Parallel dazu entwickelte sich die schlichte Yayoi-Keramik, die vermutlich von koreanischen Vorbildern beeinflusst war.

Die von Wassergräben umgebenen Siedlungen, die schon in der Yayoi-Zeit aufkamen, bezeugen die Existenz von lokalen Gemeinschaften, die über Bewässerungstechniken verfügten. Die Gemeinschaft wurde zum Träger der Riten, regelte später auch die Kontakte mit der Außenwelt , stellte Keramiken her und wachte über ihre Beschaffenheit und Zweckmäßigkeit.

Die Yayoi-Keramik weist drei Hauptformen auf, die jeweils einem bestimmten Gebrauchszweck entspricht: Die Krüge dienen zum Aufbewahren der Nahrung, die beutelartigen Gefäße zum Kochen und die Schüsseln zum Anrichten der Nahrung. Die Keramiken sind härter als zur Jômon-Zeit, wenig plastisch verziert und ihre Formen sind im allgemeinen schlicht und harmonisch. Diese Ästhetik und das um den Reisanbau zentrierte System des Gemeinschaftslebens wurden in den folgenden Jahrhunderten zu den prägenden Elementen der japanischen Kultur.

Im dritten und vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung kam es zu weiteren kulturellen Veränderungen, deren auffälligstes Zeichen gewaltige Erdhügel (kofun) waren, die als Grabmäler errichtet wurden (der größte von ihnen ist etwa 470 Meter lang und über 30 Meter hoch). Solche Grabhügel, die dieser Epoche ihren Namen Kofun-Kultur (Hügelgrab-Kultur) gaben, wurden bis ins siebente Jahrhundert errichtet, und erst unter dem Einfluss des Buddhismus wurde diese Sitte aufgegeben.


Neue Erkenntnisse zur Jomon-Kultur

Erstaunliche Ergebnisse zeigte 1960 die japanische Fundstelle Natsushima. Töpferwaren, die dort gefunden wurden, waren über 9.000 Jahre alt, was sie zu den damals ältesten bekannten Töpfererzeugnissen in der Welt macht. Während es damals in Archäologenkreisen viel Skepsis über diese Datierung gab, mussten die Ursprünge der Töpferei in Japan zunehmend weiter zurückdatiert werden. Die gegenwärtig älteste bekannte japanische Keramik ist etwa 12.700 Jahre alt. Sie ist verziert und eindeutig nicht der früheste Versuch der Herstellung von Keramikgefäßen.[2]Hatten die Archäologen bislang angenommen, dass Japan kulturelle Neuerungen von China übernommen hatte (und in diesem Sinne von China abhängig war), deuten diese Funde darauf hin, dass die Wiege … weiterlesen


Die Jomon-Kultur

Die steinzeitliche Jomon-Kultur hatte bis etwa 400 v.Chr. ihren Höhepunkt und basierte nicht auf landwirtschaftlicher Ökonomie. Für die Archäologen war es deshalb überraschend (und dementsprechend regte sich anfänglich Skepsis und Widerstand gegen die frühen Daten), dass eine so fortgeschrittene Tradition der Töpferei unter derart „primitiven“ kulturellen Umständen – denen der Steinzeit – stattgefunden haben soll.[3]Forschungen haben auich ergeben, dass Japan wahrscheinlich bereits vor 600.000 Jahren besiedelt war. Man nimmt an, dass Japan in jener fernen Vergangenheit mit dem asiatischen Festland verbunden war, … weiterlesen

In der „offiziellen Geschichtsschreibung“ gilt die Jomon-Kultur als minderwertig, und die Japaner selbst bezeichnen das Volk der Yayoi-Periode (das der Jomon-Kultur nachfolgte) als ihre Vorfahren. Zwischen der Jomon- und der Yayoi-Periode wird ein klarer Trennungsstrich gezogen.

Die Jomon-Kultur trägt den neuesten Erkenntnissen zufolge sowohl mesolithische (vor 10.500 bis 4.000 Jahren) als auch neolithische Züge[4]Das Paläolithikum (Altsteinzeit) beginnt mit den ersten Steinwerkzeugen in Afrika vor etwa 2,4 Millionen Jahren und wird unterteilt in das Altpaläolithikum (bis vor 200.000 Jahren), das … weiterlesen (ab 4.000 Jahren). Sie war mesolithisch in dem Sinne, dass ihre Wirtschaftsform auf Jagd, Sammeln und Fischfang beruhte (und nicht auf Ackerbau wie in der neolithischen Kultur), und sie war neolithisch in Hinblick auf ihre (außerordentlich frühe) Keramiktradition, die sich durch technische und künstlerische Qualität auszeichnete.[5]Die Töpferei gilt als ein grundlegendes Kennzeichen des neolithischen Lebens.


Die Yayoi-Kultur

Die Yayoi-Periode begann etwa 400 v.Chr. und ihre charakteristischen Kennzeichen sind die Landwirtschaft und der Gebrauch von Eisen – beides von China importierte Kulturgüter. Japan ging damit direkt von der steinzeitlichen Jomon-Kultur zu einer eisenzeitlichen Kultur über.

Die Landwirtschaft, die vom Yayoi-Volk betrieben wurde, war der Wasserreis- oder Paddyfeldanbau, und die zentrale Rolle, die der Reis in der japanischen Kultur spielt, ist zweifellos, wie Rudgley schreibt, ein wichtiger Grund für das moderne Japan, das Yayoi-Volk als zu seiner Rasse zugehörig zu betrachten. Dazu kommen die stärkere soziale Schichtenbildung der Yayoi-Periode und die Tatsache, dass die kulturellen Grundlagen des japanischen Staates zu jener Zeit gelegt wurden.


Neue Funde aus der Jomon-Kultur

Während die Yayoi-Kultur moderne Züge aufweist, kannte die Jomon-Kultur, so der Stand der Forschung bis vor kurzem, offensichtlich keinen Reisanbau und hatte nur eine einfache Gesellschaftsordnung. Sie wurde deshalb als eine primitive Kultur angesehen, die außer ihrer Töpferei wenig vorweisen konnte, um sich dem Bild der Japaner von sich selbst zu empfehlen. Dementsprechend vermutete man, dass die Jomon-Kultur von einer niedrigeren Rasse hervorgebracht wurde.

Entdeckungen der jüngeren Zeit stellen dieses Bild allerdings in Zweifel und machen eine Neubewertung der Jomon-Kultur erforderlich. Eine Anzahl von Entdeckungen zeigt, dass Reis schon vom Jomon-Volk kultiviert worden war.[6]So wurden z.B. bei Minami-Mizote (in der Provinz Okajawa) Tonscherben mit Eindrücken von Reisspelzen und Reis bei Kazahari (Präfektur Aomori) gefunden. In Itazuke (Präfektur Fukuoka) schließlich … weiterlesen Und 1992 fand man die „Ruinen von Sannai-marujama“, eine Jomon-Siedlung, die von etwa 5.000 bis 3.500 v.Chr. bewohnt war und doppelt so groß ist wie jede vorher bekannte Steinzeitsiedlung in Japan. Die Gesamtzahl der Gebäude in Sannai-marujama wird auf mehr als tausend geschätzt. Sie umfasst Hunderte von Gruben- und Vorratshäusern, Wachtürme und andere Bauwerke. In der riesigen Anzahl an gefundenen Artefakten finden sich auch viele Gegenstände aus organischen Materialien wie hölzerne Werkzeuge (darunter auch Paddel), Rindenboote, Körbe und gewebte Materialien. Auch drei Friedhöfe wurden gefunden, wobei die Zahl der Gräber Erwachsener nur etwa 10 Prozent ausmacht. Die Sterblichkeitsrate in der Zeit der Jomon-Kultur scheint, diesen Befunden zufolge, sehr hoch gewesen zu sein.

Sowohl die Größe der Siedlung wie auch ihre Anlage deuten auf eine sorgfältige Planung und eine gut organisierte Gemeinschaft hin. Auch handelt es sich bei der Siedlung nicht um ein zeitweiliges Lager von umherziehenden Jägern, sondern um einen dauerhaften Wohnsitz. Manches deutet zudem darauf hin, dass andere Jomon-Gemeinden in der Nachbarschaft mit hier hergestellten Erzeugnissen, wie Keramikgefäße und Lehmfigurinen, versorgt wurden. Auch Materialien wie Obsidian und Bernstein, die aus anderen Teilen Japans stammen, weisen auf einen regen Warenaustausch und ein weitreichendes Handelsnetz hin. Und die Vielzahl der in Sannai-marujama hergestellten Gegenstände legt nahe, dass das Handwerk spezialisiert war. Bestimmte Gruppen der arbeitenden Bevölkerung waren mit der Herstellung bestimmter Arten von Gegenständen sowohl für die Gemeinschaft selbst als auch für die umliegenden Gemeinschaften beschäftigt.

Die Jomon-Kultur scheint demnach viel komplexer gewesen zu sein, als bisher angenommen wurde, was Professor Yasuda Yoshinori vom Internationalen Forschungszentrum für Japanische Studien veranlasst, die Jomon-Kultur als die wahre Wurzel der japanischen Zivilisation zu sehen.[7]In der üblichen Definition muss eine Kultur Buchstaben, einen Staat und Metallwerkzeuge haben, um Zivilisation genannt zu werden. Demgegenüber geht Yasuda Yoshinori (zitiert nach Richard Rudgley) … weiterlesen


Die frühen japanischen Gottheiten (kami)

Die vorbuddhistischen Glaubenlehren der japanischen Ureinwohner lassen sich mangels gesicherter Überlieferungen nur indirekt erschließen, dennoch scheint gesichert, dass die frühen japanischen Gottheiten keine sichtbare Gestalt hatten. Götter wurden in dieser Zeit nicht dargestellt. Wahrscheinlich gab es auch keine Heiligtümer als bleibende Stätten der Götter. Ebenso nicht nachzuweisen für die vorbuddhistische Zeit ist ein einheitliches Lehrsystem oder ein übergeordneter Shinto-Tempel. Erst mit der Einführung des Buddhismus im 6. Jahrhundert entstanden in Japan Tempel, und gleichzeitig kamen erste Versuche einer bildlichen Götterdarstellung auf.

Die ursprünglichen japanischen Gottheiten (kami) waren einerseits Naturelementen wie Sonne, Mond, Bergen, Bäumen, Wasser, Feuer und Steinen zugeordnet, andererseits standen sie in Zusammenhang mit der menschlichen Seele, den Toten und besonders den Geistern der Vorfahren. Es gab also Götter der Natur und Götter der Ahnen, und bei den Göttern der Natur gab es sowohl beseelte Naturerscheinungen (ein Berg, ein Fluss etc. wurde vergöttlicht) als auch Naturphänomene, von denen ein Gott zeitweilig Besitz ergriffen hatte (yorishiro).

Die Seelen der Stammesvorfahren (kami, ujigami) kehrten zu bestimmten Anlässen oder Zeiten in die Gemeinschaft zurück, und ihre Nachfahren opferten ihnen Gaben, vorzugsweise Speisen. Diese Ahnengötter gaben dann Versprechungen oder sprachen Warnungen aus.

Unterschiedlich waren die Vorstellungen, wo sich die Seelen der Verstorbenen aufhielten und auf welchen Wegen sie zu den Lebenden zurückkehrten. Das Kojiki (“Chronik über alte Begebenheiten” – von Ô-no-Yasumaro verfasste erste Geschichte Japans, 711-712) berichtet, dass die Verstorbenen in das Land Yomotsu oder Yomi, eine düstere und schmutzige Unterwelt, gehen würden. Andere Überlieferungen berichteten davon, dass die Verstorbenen auf den Gipfeln der heimischen Berge weilen, dass sie weit aufs Meer hinausführen, um ins Niraikanai, einem über oder unter dem Meer gelegenen Paradies, zu gelangen, oder dass sie in eine Nitsuja genannte düstere Unterwelt absteigen.

Um die Götter nach ihren Willen zu befragen, mussten die Angehörigen der von ihrem Wirken abhängigen Gemeinschaft zuerst ihren Körper, im allgemeinen durch Wasser und Feuer, läutern. Die Reinigungszeremonie im Meer, im Fluss oder unter einem Wasserfall wurde misogi genannt. Die Städten wiederum, an denen diese Riten vollzogen wurden, galten als heilig und wurden zu Kultstätten. Darüber hinaus nahm man zur Läuterung des Körpers heilige Speisen zu sich, für deren Zubereitung heiliges Feuer verwendet werden musste. Anschließend an diese Reinigungs- und Läuterungszeremonien begab sich der Ratsuchende an den Wohnort der Götter und suchte dort den Schlaf, in der Hoffnung, im Traum würden ihm die Götter erscheinen und ihm ihren Willen mitteilen.

Die Verständigung mit den Göttern konnte auch durch einen Schamanen erfolgen, der sich dazu in einen Zustand der Ekstase versetzte. Der Schamanismus, der in Japan zumeist von Frauen ausgeübt wurde, war ein sehr bedeutsamer Faktor innerhalb des vorbuddhistischen Glaubenssystems – und hat an manchen Orten bis heute überlebt.


Die politische Einigung Japans und die frühe gesellschaftliche Struktur

Dem Nihon-shoki (“Annalen Japans”) zufolge bestieg der erste japanische Kaiser den Thron um 660 vor Christi. Diese ziemlich sicher fiktive Jahreszahl wird von Historikern derart relativiert, dass die politische Einigung Japans aller Wahrscheinlichkeit nach gegen Ende des dritten oder zu Anfang des vierten Jahrhunderts (am Wendepunkt zwischen Yayoi- und Kofun-Kultur) erreicht wurde mit der Gründung des Staates Yamato.

Das Gemeinschaftswesen Japans der Frühzeit setzte sich aus drei Typen von Gesellschaftsgruppen zusammen, die uji, be und yatsuko:

Die uji (übersetzt als Clan oder Sippenverband) waren große Familienverbände, die sich zur Abstammung von gemeinsamen Vorfahren, den uji-gami, bekannten und dem Oberhaupt des bedeutendsten Hauses gehorchten. Dieser hatte die Stellung eines “Sippenältesten” (uji-no-kami) und wurde als Nachkomme der uji-Gottheit betrachtet. Damit war er sowohl patriarchales Oberhaupt als auch oberster Priester bei Zeremonien zur Verehrung der Gottheit. Die uji-Mitglieder gehörten der Oberschichte an, besaßen Familiennamen und trugen Ehrentitel.

Die be bildeten die arbeitende Unterschicht, bildeten nach Orten oder Beschäftigungen Arbeitergemeinschaften. Sie waren bis zu einem gewissen Grad unfrei, da sie an den Dienst bei den übergeordneten uji gebunden waren. Das gemeinsame religiöse Zentrum der be bildete eine lokale Gottheit (ubusuna-gami) oder der uji-gami der betreffenden Familie.

Die Gesellschaftsklasse der yatsuko bestand aus Sklaven, die vor allem den uji-Haushalten angehörten. Etwa fünf Prozent der Bevölkerung, so nimmt man heute an, waren Sklaven, die zumeist als Dienstboten verwendet wurden.

Die gesellschaftliche Einheit, die in der frühen Zeit Japans politische und militärische Macht besaß, bestand aus dem uji mit seinen ihm Gefolgschaft leistenden be und seiner ihm zugehörigen Dienerschaft yatsuko. Mit der Zeit wurden einige uji recht wichtig und gewannen damit Kontrolle über benachbarte uji. Auf solche Weise, durch Eingliederung kleinerer Familien in den eigenen Machtbereich, entstanden die ersten lokalen politischen Gemeinwesen im frühen Japan.

Die erste politische Hegemonie Japans, deren Ursprung in Yamato liegt, entstand weniger aus militärischer Eroberung (so wie etwa in China), sondern vielmehr über die Eingliederung von Rivalen. Über das so entstandene politische Gleichgewicht wachte der Sippenälteste als Oberherr und Friedensstifter.

An der Spitze der Yamato-Hegemonie stand das Oberhaupt des bedeutendsten Hauses der Sippe (tenson, Sonnengeschlecht). Ein lockerer Verband nah miteinander verwandter Familien um ihn herum bildete den eigentlichen uji des Geschlechts. Den herrschenden uji wiederum stützte eine große Zahl von Gefolgs-uji.

Eine bedeutende Rolle in der Sanktionierung der aufblühenden Yamato-Hegemonie, die ihren Höhepunkt im 5. Jahrhundert erreichte, spielte die (shintoistische) Religion. Sie bot eine rationale Erklärung und gliederte das Volk in das Herrschaftsgefüge ein. Nach herrschendem Glauben bot das Oberhaupt des Yamato-Geschlechts auf Grund der Wirkkraft der Sonnengöttin Amaterasu, die als Ahnherrin des japanischen Herrschers betrachtet wurde, Schutz für das ganze Land.

Die geringeren uji-Ältesten hingegen versprachen Schutz auf Grund der Macht der geringeren und mehr örtlich gebundenen uji-gami. Von diesen leiteten sie zugleich auch ihr Recht lokaler Herrschaft ab.

Politik und Religion gingen Hand in Hand. Politische Führerschaft, ob durch Sozialprestige oder Gewalt erworben, wurde durch religiöse Vorstellungen sanktioniert und gefestigt.

Wesentliche Charakteristika des Staats- und Sozialgefüges, die vom Yamato-Staat begründet wurden, blieben trotz des mächtigen Einflusses der chinesischen Kultur bis in die Neuzeit nahezu unverändert, insbesondere die Form, die die Herrschaft Yamato annahm, wo ein als Friedensstifter fungierenden Priester-Herrscher eine Gruppe miteinander verbündeter Elitefamilien regiert.


Die Einführung des Buddhismus

Mit dem dritten Jahrhundert unserer Zeitrechnung hat sich in Japan ein gewisser politischer Zusammenhalt entwickelt, es gab auch schon diplomatische Beziehungen mit China. Die Schrift war bereits bekannt, aber noch nicht sehr weit verbreitet. Ebenso gab es auch noch keine ausgefeilten Techniken der Malerei, Bildhauerei, Architektur und des Städtebaus.

Im späten vierten Jahrhundert unterhielt Japan eine Kolonie in Mimana im südlichen Korea – und hatte damit auch enge und teilweise kriegerische Beziehungen zu den Ländern der Halbinsel Korea. Dies waren Koguryo im Norden, Paekche im Südwesten und Silla im Südosten. Dazwischen, in der heutigen Region Pusan, lag Mimana, das von Japan beherrscht wurde (532, als Sillas Streitkräfte Paekche überrannten, verlor Japan die Hälfte seiner koreanischen Kolonie, 562 konnte auch der Rest nicht mehr gehalten werden).

Von Korea aus gelangte der Buddhismus schon Mitte des vierten Jahrhunderts als neue Religion nach Japan (erste Phase) und um Mitte des sechsten Jahrhunderts an den kaiserlichen Hof (zweite Phase), als der König von Paetche (jap.: Kudara) Buddha-Statuen und Sutren an den Kaiser von Japan (damals in China und Korea das Land Wa genannt) sandte. Dieses Ereignis wird – vor allem in den “Chroniken Japans” (Nihon-shoki bzw. Nihon-gi) als die offizielle Ankunft des Buddhismus verzeichnet. Die Verbreitung des Buddhismus brachte eine Intensivierung der Beziehungen zwischen Japan und Paetche, und der Übernahme des Buddhismus wuchs somit sowohl eine religiöse wie auch eine politische Bedeutung zu. Zu Beginn des siebenten Jahrhunderts schließlich wurde der Buddhismus durch Prinz Shôtoku zur Staatsreligion erhoben (dritte Phase).

Die zweite Phase der Verbreitung des Buddhismus in Japan im sechsten Jahrhundert war geprägt durch die Auseinandersetzungen der Familien der Soga und Otoma, die den Buddhismus unterstützten, und den Familien der Mononobe und Nakotomi, die sich diesen Bestrebungen widersetzten.

Die dritte Phase setzte zu Beginn des siebenten Jahrhunderts ein, als der Machtkampf mit der Niederlage der Mononobe-Familie endete und das Machtmonopol in die Hände der Kaiserin Suiko, des Prinzen Shôtoku Taishi und des Familienoberhauptes Soga-no-Umako überging.

Etwa zur gleichen Zeit begann in China nach der Einigung des Landes durch die Sui (589) die Herrschaft der Tang-Dynastie (618 – 907), die auch die koreanischen Königshäuser regierten.

China war zu diesem Zeitpunkt bereits ein buddhistisches Land, und die koreanischen Könighäuser übernahmen die Religion des Nachbarlandes.

Die politischen Machtträger Japans im beginnenden siebenten Jahrhundert, Soga-no-Umako und Prinz Shôtoku am Hof der Kaiserin Suiko strukturierten das Land mit einer auf dem chinesischen Modell fußenden Reform, was quasi den Beginn einer völligen Einbezogenheit Japans in den chinesischen Kulturkreis bedeutete. Japan übernahm lange Zeit viele Bestandteile der chinesischen Kultur (so z.B. die Schriftsprache, Verwaltungsmethoden, medizinische Modelle und Behandlungsformen, Kunst- und Baustile), drückte ihnen jedoch zugleich auch ihren eigenen Stempel auf und bewahrte sich damit auch seine kulturelle Eigenart.

Im Jahre 600 schickte Prinz Shôtoku eine Gesandschaft nach China, um neben den diplomatischen Beziehungen zugleich die Gesellschafts- und Machtstrukturen der im Fernen Osten beispielgebenden Kultur zu erforschen. Anschließend schuf er im Jahre 603 die 12 Ränge für die Beamten am Hof (gekennzeichnet durch verschiedenfarbige Kopfbedeckungen), führte 604 den Kalender ein und – ebenfalls 604 – etablierte die “Konstitution in 17 Artikeln”, die vor allem auf konfuzianischen Staatstheorien beruhte. Im 17. Artikel der Konstitution wurde der Buddhismus als Staatsreligion festgeschrieben.

Der erste große buddhistische Tempel war der Hôkô-ji-Tempel, der von 592 bis 596 gebaut (und 1196 zerstört) wurde. Anschließend wurden der Shitennô-Tempel in Naniwa und der Hôryû-ji-Tempel in Ikaruga erbaut. Der Hôryû-ji-Tempel ist heute das älteste noch erhaltene Holzbauwerk in Japan überhaupt und ein gut erhaltenes Beispiel für die buddhistische Architektur des siebenten Jahrhunderts (wenngleich auch die ursprüngliche Tempelanlage dem Nihon-shoki zufolge einem Feuer zum Opfer fiel).


Das Ende des Yamato-Reiches und der Beginn der Kaiserzeit

Das sechste Jahrhundert war in Japan eine unruhige Zeit, da die Yamato-Gemeinschaft sich zu wandeln begann und durch Feindschaften gespalten war. Und die Einführung des Buddhismus stellte für die herrschenden Familien Yamatos, die ihre Herrschaftsansprüche auf die Abstammung von ihren kami-Ahnen gründeten, eine große Gefahr dar. Die Frage, ob die buddhistische Lehre aufgenommen werden und die gesandten buddhistischen Skulpturen verehrt werden sollen, führte zu einem tiefen Konflikt zwischen den großen Familien (uji) Yamatos. Insbesondere die Familie der Soga, die als Sprecher der Sippenältesten fungierte (Ô-omi), geriet als Befürworter des Buddhismus in große Differenzen zu den eher konservativen Familien der Mononobe (Generäle in Erbtradition) und Nakatomi (Shintô-Ritualpriester). Dieser Streit spaltete Yamoto für Jahrzehnte. Im Jahr 587 jedoch besiegten die Soga die Mononobe auf dem Schlachtfeld und sicherten so die Annahme des Buddhismus.

Dieser Sieg verhalf den Soga zugleich auch zur größten Macht in Yamoto: Die nächsten 70 Jahre bestimmten Soga-Führer die Angelegenheiten Yamotos. Soga-no-Umako (?- 626) war es, der die Mononobe besiegte und der 592 den bisherigen Yamato-Führer (der sein Neffe gewesen ist) ermorden und durch Suiko, seine Nichte, ersetzen ließ. Gleichzeitig wurde Shôtoku Taishi (574 – 622), Suikos Neffe, zum Regenten ernannt. Seine Persönlichkeit beherrschte die Jahre 593 bis 622.

Das Leben von Prinz Shôtoku stand vor allem unter dem Ziel, das Ansehen des sumera-mikoto (wahrer Landesherr) zu stärken. In Anlehnung an die Begriffe des kaiserlichen Chinas beanspruchte er für das Oberhaupt von Yamato den Rang eines “Kaisers” und “Himmelssohnes”.

Seine im Jahr 604 verkündete “Konstitution in 17 Artikeln” versuchte eine Art politischer Ethik zu begründen. Insbesondere konfuzianische Staatstheorien bildeten die Basis, und die Beziehung zwischen Herrscher und Untertanen wurde mit der Beziehung zwischen Himmel und Erde verglichen.

Mit dem Tod Shôtoku Taishis im Jahre 622 (und dem Abtreten von Soga-no-Umakos von der politischen Bühne) kam es zu heftigen politischen Machtkämpfen. In den unmittelbar folgenden Jahrzehnten entstand eine Koalition aus Familien, die von Naka-no-Ôe (Shôtoku Taishis Sohn) und Nakatomi-no-Kamatari angeführt wurden. Ihr Ziel war die Vernichtung der Soga und die Fortsetzung der Reformen von Prinz Shôtoku.

646 (nach der Ermordung von Umakos Enkel, an der sich Naka-no-Ôe selbst beteiligte) wurde eine vollständige Neuordnung des Regierungssystems bekannt gemacht. Hierin wurde die Abschaffung sämtlichen Privatbesitzes verlangt sowie der be-Verbände, auf die sich die uji stützten. Es machte die Rechte des Herrschers auf den Grund und Boden des Landes geltend. Die Gründung einer ständigen kaiserlichen Hauptstadt wurde gefordert und die Verwaltung des Landes mittels eines Systems von Provinzen, Distrikten und Dörfern. Eine Volkszählung wurde angeordnet und die planmäßige Verteilung des Bodens zur Kultivierung (nach seiner Vermessung und Einstufung gemäß seiner Güte). Die Oberschicht sollte Beamtenstellen einnehmen und gemäß Rang und Status eine Besoldung erhalten.

Die Verwirklichung dieses Plans, die langsam und sachkundig durchgeführt wurde, wurde vom Prinzen Naka eingeleitet, als er freiwillig seinen eigenen privaten Landbesitz dem Staat übereignete. 649 wurden acht Ministerien der Zentralregierung geschaffen und Beamte zu ihrer Besetzung ernannt. 652 war die erste groß angelegte Landverteilung im Gebiet der Hauptstadt abgeschlossen, und im Jahre 668 bestieg Prinz Naka als Kaiser Tenchi den Thron. Er regierte bis 671.

Nach Tenchis Tod kam es ob der Frage seines Nachfolgers zu einem Monate dauernden blutigen Krieg (Jinshin-Aufruhr), der mit der Inthronisierung von Kaiser Temmu endete, der durch militärische Stärke an die Macht kam. Er regierte von 673 bis 686.

Kaiser Temmu, der als erstes Oberhaupt der Kaiserfamilie selbst über genügend Macht verfügte, um eine starke Führung auszuüben, vollendete die Reformen, die Prinz Naka begonnen hatte. Nur wenige Jahrzehnte nach dem Tod von Kaiser Temmu war die Kaiserstadt Nara mit einer voll entwickelten Beamtenschaft errichtet (Vollendung zwischen 708 und 712) und eine systematische Gesetzessammlung für die Regelung der administrativen Verfahren, der Lokalkverwaltung, der Besteuerung und der militärischen Angelegenheiten verfügt.

Anmerkungen

Anmerkungen
1 Quelle: Richard Rudgley: Abenteuer Steinzeit. Die sensationellen Erfindungen und Leistungen prähistorischer Kulturen. Magnus Verlag, 2001
2 Hatten die Archäologen bislang angenommen, dass Japan kulturelle Neuerungen von China übernommen hatte (und in diesem Sinne von China abhängig war), deuten diese Funde darauf hin, dass die Wiege der (weltältesten) Töpferei nicht in China stand. Deren ältesten (gefundenen) Keramiken sind vermutlich etwa 9.000 Jahre (Nordostchina) bzw. 10.000 Jahre (Südchina) alt, wohingegen etwa 13.000 Jahre alte Funde im Gebiet des Flusses Amur (Ostsibirien) auf eine ähnlich alte Keramikerzeugung wie in Japan hindeuten. Funde in Nordafrika, den Pyrenäen und – die ältesten Funde – in Dolni Vestonice (Tschechien) datieren den Beginn der Töpferei um weiter 15.000 Jahre vor den frühesten gefundenen japanischen Töpfereien zurück – und damit weit in die jungpaläolithische Periode. In Dolni Vestonice wurden 26.000 Jahre alte Keramikartefakte – davon mehr als die Hälfte zerbrochene Tier- und einige Menschenfigurinen – gefunden.
3 Forschungen haben auich ergeben, dass Japan wahrscheinlich bereits vor 600.000 Jahren besiedelt war. Man nimmt an, dass Japan in jener fernen Vergangenheit mit dem asiatischen Festland verbunden war, wohingegen bis etwa 1980 allgemein angenommen wurde, dass es keine stichhaltigen Beweise gäbe, dass Japan vor dem Zeitraum vor 30.000 Jahren besiedelt gewesen sei.
4 Das Paläolithikum (Altsteinzeit) beginnt mit den ersten Steinwerkzeugen in Afrika vor etwa 2,4 Millionen Jahren und wird unterteilt in das Altpaläolithikum (bis vor 200.000 Jahren), das Mittelpaläolithikum (vor 200.000 bis 40.000 Jahren) und das Jungpaläolithikum (vor 40.000 bis 10.500 Jahren). An das Paläolithikum schloss sich das Mesolithikum (vor 10.500 bis 4.000 Jahren). Das Neolithikum begann im Nahen Osten vor 10.000 Jahren.
5 Die Töpferei gilt als ein grundlegendes Kennzeichen des neolithischen Lebens.
6 So wurden z.B. bei Minami-Mizote (in der Provinz Okajawa) Tonscherben mit Eindrücken von Reisspelzen und Reis bei Kazahari (Präfektur Aomori) gefunden. In Itazuke (Präfektur Fukuoka) schließlich fand man Überreste von Reisfeldern in einer archäologischen Schicht, die der Jomon-Kultur zugerechnet wird. Die weite Streuung der Fundorte zeigt zudem, dass Reis und Reisanbau eindeutig keine isolierten Phänomene waren.
7 In der üblichen Definition muss eine Kultur Buchstaben, einen Staat und Metallwerkzeuge haben, um Zivilisation genannt zu werden. Demgegenüber geht Yasuda Yoshinori (zitiert nach Richard Rudgley) davon aus, dass sich eine Zivilisation zu entwickeln beginnt, wenn ein funktionierendes System des Lebens, d.h. eine geeignete Beziehung zwischen Mensch und Natur, etabliert worden ist in Übereinstimmung mit den Charakteristika einer bestimmten Region. Das bedeutet, dass eine Zivilisation zu existieren beginnt, wenn eine dauerhafte und universelle Lebensform ausgeprägt wurde, die ein eigenständiges ökologisches System für die Bedürfnisse ihrer menschlichen Bewohner enthält. In diesem Sinne kann man, so Yasuda Yoshinori, von einer Jomon-Zivilisation sprechen.