Chinesische Zeitrechnung
Der Legende zufolge soll der chinesische Kalender vom legendären Kaiser Huang Di im Jahre 2636 v. Chr. erfunden worden sein. Archäologen können durch Funde von Kalenderdaten auf Orakelknochen seine Anfänge zumindest bis in das 14. Jahrhundert vor Christi Geburt zurückverfolgen. Die letzte Anpassung des Kalenders, wie er uns heute bekannt ist, erfolgte zur Zeit der Qing-Dynastie im Jahre 1645.
Während solare Kalender (wie der westliche, uns vertraute Kalender) auf der Bewegung der Erde um die Sonne basieren und die Monate keinen Bezug zu den Phasen des Mondes haben, ist der chinesische Kalender ein lunisolarer Kalender, der die Bewegungen der Erde um die Sonne (solarer Aspekt) und die Bewegung des Mondes um die Erde (lunarer Aspekt) miteinander verbindet und kombiniert.
Das Jahr wird durch die Bewegung der Erde um die Sonne festgelegt und die Monate durch die Bewegung des Mondes um die Erde. Die Sonnenzeit wird in Vier-Jahres-Zyklen von 1.461 Tagen berechnet. Das erste chinesische astronomische Jahr eines Vier-Jahres-Zylus beginnt jeweils um Mitternacht zur Winter-Sonnenwende (21. auf 22. Dezember). Ein Sonnenjahr (nian) entspricht deshalb 365,25 Tage und wird in sechs Abschnitte (bu) von 60,875 Tagen unterteilt. Das energetische Jahr (Sexagesinal-Jahr, sui) hingegen zählt 360 Tage und wird in sechs Schritte (qi) von 60 Tagen unterteilt. Die chinesische Zeitrechnung kombiniert den Sonnenkalender mit dem Sexagesinal-Kalender, der auf der Kombination von Himmelsstämme und Erdenzweige beruht.
Für die Koppelung von Sonnenjahr und energetischem Jahr (Sexagesinal-Jahr) ist folgende Gleichung anzusetzen:
- – 1 Schritt (bu) ist ein Sechstel eines Sonnenjahres (nian) von 365,25 Tagen.
- – 1 Periode (qi) ist ein Sechstel eines Sexagesinal-Jahres oder energetischen Jahres (sui) von 360 Tagen.
- Das Sonnenjahr entspricht eher dem uns bekannten (westlichen) Kalenderjahr, wohingegen das energetische Jahr in den Berechnungen der chinesischen Astrologie und Chronoakupunktur seine Anwendung findet.
- – Jeder Tag wird in zwölf (Doppel-) Stunden unterteilt. Exakt entspricht eine chinesische Doppelstunde des Sexagesinal-Kalenders damit 2 Stunden, 1 Minute und 45 Sekunden.
Normalerweise bilden 12 Monate (mit jeweils 29 oder 30 Tagen, da der durchschnittliche Monat 29 Tage 12 Stunden und etwa 44 Minuten lang ist) ein Jahr, weshalb es damit lediglich aus 353, 354 oder 355 Tagen besteht. Um nun die fehlenden Tage auf ein Sonnenjahr (mittlere Länge von 365 Tagen, 5 Stunden und 48 Minuten) auszugleichen, wird siebenmal in 19 Jahren ein Extra-Schaltmonat hinzugefügt, so dass das Jahr dann 383, 384 oder 385 Tage dauert. Das chinesische Jahr besteht darum, je nachdem wie viele Neumonde zwischen zwei Wintersonnenwenden stattfinden, aus 12 oder 13 Monaten.
Die eingefügten Schaltmonate haben immer gleich viele Tage wie der vorangegangene Hauptmonat und werden so verteilt, dass die Frühlings-Tagundnachtgleiche immer im zweiten Monat liegt, die Sommer-Sonnenwende im fünften Monat, die Herbst-Tagundnachtgleiche im achten und die Winter-Sonnenwende im elften Monat. Der erste, elfte und zwölfte Monat werden nie verdoppelt.
Das chinesische Jahr besteht aus wahren Lunar-Monaten, die jeweils am Tag des Neumondes in Beijing (Peking) beginnen und 29 oder 30 Tage zählen. Zugleich hängt die Anordnung der Monate jedoch vom Zyklus der Sonne ab, vom Sonnenjahr, das durch die Bahn der Sonne auf der Ekliptik (dem scheinbaren Weg der Sonne durch die Sternkonstellationen) determiniert ist.
Das Sonnenjahr wird in 24 Perioden zu je 15 oder 16 Tagen unterteilt, 12 Hauptzonen (zhongqi) und 12 Nebenperioden (jieqi), die jeweils 15 Grad der Sonnenlängengrade entsprechen. Null Grad entspricht der Frühlings-Tagundnachtgleiche, 180 Grad der Herbst-Tagundnachtgleiche, 90 Grad der Sommer-Sonnenwende und 210 Grad der Winter-Sonnenwende. Wegen der ekliptischen Bahn der Erde um die Sonne variiert die zeitliche Dauer der Perioden mit den Jahreszeiten.
Chinesisch | Deutsch | Längengrad |
Chunfen | Frühlings-Tagundnachtgleiche | 0 |
Guyu | Regen auf das Getreide | 30 |
Lixia | Sommeranfang | 45 |
Xiaoman | Kleine Vollheit (des Getreides), Ährenbildung | 60 |
Mangzhong | Körneransatz des Getreides, Körner mit Granen | 75 |
Xiazhi | Sommer-Sonnenwende | 90 |
Xiaoshu | Kleine (mäßige) Hitze | 105 |
Dashu | Große Hitze | 120 |
Liqiu | Herbstanfang | 135 |
Chushu | Ende der Hitze | 150 |
Bailu | Weißer Tau (Reif) | 165 |
Qiufen | Herbst-Tagundnachtgleiche | 180 |
Hanlu | Kalter Tau | 195 |
Shuangjiang | Reif (Herbstrieseln des Frostes) | 210 |
Lidong | Winteranfang | 225 |
Xiaoxue | Kleiner (mäßiger) Schnee | 240 |
Dongzhi | Großer Schnee | 255 |
Xiaoshan | Winter-Sonnenwende | 270 |
Dahan | Große Kälte | 300 |
Lichun | Frühlingsanfang | 315 |
Yushui | Regen (Regenwasser) | 330 |
Jingzhe | Erwachen aus dem Winterschlaf, Erwachen der Insekten | 345 |
Um bestimmte Monate mit den vier Jahreszeiten in Einklang zu bringen, beginnt das Jahr immer am ersten Tag des Neumondes nach der “Großen Kälte” (Dahan, 300 Grad) – zugleich der erste Tag des ersten oder zweiten Neumondes nach der Winter-Sonnenwende, die immer im elften Monat des Jahres liegt.
Jahr | Neujahrstag | Himmelsstamm und Erdzweig | Wandlungsphase | Tierkreiszeichen |
2000 | 05. 02. | geng-chen | Metall | Metall-Drache |
2001 | 24. 01. | xin-si | Metall | Metall-Schlange |
2002 | 12. 02. | ren-wu | Wasser | Wasser-Pferd |
2003 | 01. 02. | gui-wei | Wasser | Wasser-Schaf |
2004 | 22. 01. | jia-shen | Holz | Holz-Affe |
2005 | 09. 02. | yi-you | Holz | Holz-Hahn |
2006 | 29. 01. | bing-xu | Feuer | Feuer-Hund |
2007 | 18. 02. | ding-hai | Feuer | Feuer-Schwein |
2008 | 07. 02. | wu-zi | Erde | Erde-Ratte |
2009 | 26. 01. | ji-chou | Erde | Erde-Büffel |
2010 | 14. 02. | geng-yin | Metall | Metall-Tiger |
Um den zyklischen Charakter der Zeit darzustellen, wird im chinesischen Kalender ein bestimmter Zeitpunkt nicht nur durch die Angabe von Jahr, Monat, Tag und Stunde definiert, sondern man ordnet dem Zeitpunkt ein rhythmisches Muster zu, das durch die Himmelsstämme und Erdzweige charakterisiert wird.
Der grundlegende Gedanke ist, dass der Mensch, als Teil des Kosmos und der Natur eingebettet ist in die universelle Rhythmik – gleichsam aufgespannt zwischen Himmel und Erde. Der menschliche Organismus wird als Mikrokosmos angesehen, in dem sich die kosmischen Zusammenhänge widerspiegeln. Als zwangsläufige Folge davon verändern sich auch seine physiologischen Funktionen im Gleichtakt mit den rhythmischen Zyklen der Natur.
Im chinesischen Kalender wird der Rhythmus der Zeit – der periodische Wandel, der sowohl Veränderungen im kosmischen Bereich betrifft wie auch im Mikrokosmos, im Fluss von Qi und Blut – den zehn Himmelstämmen (tian gan) und den zwölf Erdzweigen (di zhi) zugeordnet, die sowohl der Zählung (quantitativer Aspekt) als auch der Bewertung (qualitativer Aspekt) dienen (vgl Himmelsstämme und Erdenzweige).
Himmelsstämme (tian gan): | Element | Yin / Yang | Organ | |
I | jia | Holz | Yang | Gallbenblase |
II | yi | Holz | Yin | Leber |
III | bing | Feuer | Yang | Dünndarm |
IV | ding | Feuer | Yin | Herz |
V | wu | Erde | Yang | Magen |
VI | ji | Erde | Yin | Milz (Milz-Pankreas) |
VII | geng | Metall | Yang | Dickdarm |
VIII | xin | Metall | Yin | Lunge |
IX | ren | Wasser | Yang | Blase |
X | gui | Wasser | Yin | Niere |