• Wie bewusst sind unsere Entscheidungen? Die Untersuchungen von Benjamin Libet

    Ausgangspunkt der Untersuchungen von Benjamin Libet waren die Entdeckungen des deutschen Neurophysiologen Hans H. Kornhuber und seines Mitarbeiters Lüder Deecke (1965), die den Zusammenhang zwischen willkürlichen Hand- und Fußbewegungen und elektrischen Wellenmustern im Gehirn untersuchten. Kornhuber und Deecke konnten mit Hilfe von EEG-Ableitungen zeigen, dass bei einfachen Handlungen – wie dem Bewegen einer Hand oder eines Fußes – eine Art Vorwarnung im Gehirn auftritt: Noch ehe die Handlung einsetzt, ist an den Potentialschwankungen zu erkennen, dass etwas im Gange ist – was Kornhuber und Deecke[1]Hans H. Kornhuber & Lüder Deecke: “Hirnpotentialänderungen bei Willkürbewegungen und passiven Bewegungen des Menschen: Bereitschaftspotential und reafferente Potentiale”. In: … weiterlesen als Bereitschaftspotential bezeichneten.[2]Das Bereitschaftspotenial ist nach…

  • Wissen wir über die Motive unserer Handlungen Bescheid?

    Schon Sigmund Freud war der Ansicht, dass wir nicht so sehr bewusste Entscheidungen treffen, sondern die Motive für unser Handeln vor allem dem Unbewussten entspringen. So wie wir uns fragen, weshalb sich ein anderer Mensch so oder so verhält, sind wir – folgen wir der Ansicht Freuds – auch bei der Erklärung unseres eigenen Handelns auf Deutungen angewiesen. Zwar glauben wir unsere Motive sicher zu kennen, doch sind diese Erklärungen in der Sprache Freuds Rationalisierungen, d.h. nicht die wahren Motive für unser Tun, sondern vielmehr Erklärungen, die uns gerade in den Kram passen. Ergebnisse der modernen Hirnforschung belegen, wie es scheint, die These Freuds. Spektakulär sind die Funde bei „Split-Brain-Patienten“,…

  • Placebos im Spiegel der Komplexitätsforschung

    Der Plaecebo-Effekt, so zeichnet sich immer deutlicher ab, dürfte das mächtigste Wirkprinzip der Heilkunde überhaupt sein, denn alles kann als Placebo betrachtet werden, was möglicherweise einen positiven Effekt auf das Befinden hat, ohne dass dies auf einen geprüften Wirkstoff oder einer geprüften Methode beruht. Jede medizinische oder psychologische Zuwendung vermag die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren. Erwartungshaltungen können, wie sich heute auch neurophysiologisch nachweisen lässt, Mechanismen in Gang bringen, die jenen ähneln, die von Arzneimitteln aktiviert werden, bewirken also nachweisbare, reale Veränderungen im Körper.[1]So konnten amerikanische Wissenschaftler nachweisen, dass Antidepressiva wie auch Placebos eine Änderung der Gehirn-Aktivität hervorrufen. In zwei neunwöchigen placebokontrollierten Studien … weiterlesen Und andererseits können selbst wissenschaftlich nachweisbare…

  • Der Prozess der Selbstorganisation komplexer Systeme

    Als Selbstorganisation bezeichnet man das spontane Auftreten neuer Strukturen und neuer Verhaltensweisen in offenen Systemen, die, fern von einem energetischen Gleichgewicht, durch innere Rückkoppelungsschleifen charakterisiert sind. Auf der Basis von Selbstorganisation, die sich mathematisch durch nichtlineare Gleichungen beschreiben lässt, können sich Strukturen verändern, ausdifferenzieren und weiterentwickeln. Die Theorie der Selbstorganisation[1]Die Theorie der Selbstorganisation wird auch als Theorie der Ordnungsbildung nichtlinearer Systeme bezeichnet (vgl. Komplexe Systeme. Grundprinzipien der Chaostheorie). ist ein zentraler Begriff der systemischen Betrachtung alles Lebendigen und beschreibt, wie Systeme innerhalb des Bereichs bestimmter Anfangs- und Rahmenbedingungen spezifische Ordnungszustände einnehmen. Diesen Prozess kann man zwar von außen anregen, aber nicht auf ein bestimmtes Ziel hin festlegen.[2]Die Theorie der Selbstorganisation…

  • Komplexe Systeme. Grundprinzipien der Chaostheorie

    Die Komplexitätsforschung (früher auch als Chaostheorie bezeichnet) geht davon aus, dass alle lebenden Systeme (unabhängig davon, ob es sich dabei um soziale, ökonomische, ökologische, biologische oder andere Systeme handelt) gleichen Grundprinzipien unterliegen. Dies gilt sowohl für den Aufbau und den Erhalt von Struktur und Funktion als auch für die unterschiedlichen Zustände von Ordnung, die innerhalb eines Systems in einem Prozess der Selbstorganisation (vgl. Der Prozess der Selbstorganisation komplexer Systeme) entstehen, bestehen und sich gleichzeitig laufend verändern können. Chaos im Sinne der Komplexitätsforschung meint einen Ordnungszustand, der in komplexen Systemen durch Selbstorganisation entsteht. Ein chaotischer Ordnungszustand ist zwischen dem Bereich der linearen Vorhersagbarkeit und dem absolut zufälligen (stochastischen) Bereich angesiedelt. Man…

  • Biorhythmus

    Eine Vorhersage guter und schlechter Tage aus den zyklischen Veränderungen unseres Organismus stammt von Harold R. Willis, der das Konzept des Biorhythmus entwickelte. Die Basis dafür stammt vom Berliner Arzt Wilhelm Fliess und dem Wiener Psychologen Hermann Swoboda. Die Theorie des Biorhythmus geht davon aus, dass im Augenblick der Geburt drei grundlegende zyklische Rhythmen gestartet werden: ein 23 Tage dauernder “körperlicher” Zyklus, ein 28 Tage dauernder “emotionaler” Zyklus und ein 33 Tage dauernder “intelektueller” Zyklus. Die Schwankungen in diesen Zyklen, die wie Sinus-Kurven aufgefasst werden, wirken in ihrer ersten Hälfte positiv und in der zweiten Hälfte negativ auf die Leistungsfähigkeit in Hinblick auf körperliche, emotionale und intelektuelle Bedingungen.[1]H.R. Willis: Biorhythm…

  • Der Einfluss des Frühlings auf den Menschen (“Spring Fever”)

    Dass viele verschiedene Rhythmen für das optimale Funktionieren des menschlichen Organismus verantwortlich sind, ist eine wichtige Erkenntnis der Chronobiologie und Chronomedizin. Zu den längerfristigen Zyklen, die nachweislich einen deutlichen Einfluss auf unser Leben haben, gehören die Jahreszeiten. Ihr Einfluss ist jedoch, wie uns die Erfahrung lehrt, selbstverständlich nicht auf den Menschen beschränkt, sondern betrifft vielfältige Vorgänge in der Natur. Ein kleiner männlicher Kanarienvogel etwa – wie p.m. berichtet – zwitschert das ganze Jahr hindurch vor sich hin, Ende Februar jedoch verändert sich sein Verhalten deutlich: Plötzlich singt er die schönsten Melodien und ahmt auch Lieder anderer Vögel nach. Sein Repertoire vergrößert sich fast täglich – mit dem Ziel damit Weibchen…

  • Störungen der inneren Uhr durch die Zeitumstellung Sommerzeit-Winterzeit

    Auf Grund einer gesellschaftlichen Übereinkunft muss sich rund ein Viertel der Weltbevölkerung zweimal im Jahr an eine um eine Stunde geänderte Zeit anpassen, einmal von der Winter- zur Sommerzeit und dann wieder von der Sommer- zur Winterzeit. Diese Umstellung hat keine biologische oder umweltbedingte Notwendigkeit, bringt aber drastischere Auswirkungen mit sich, als bisher vermutet wurde, wie eine im Herbst 2007 erschienene Studie um Professor Till Roenneberg von der Ludwig-Maximilians-Universität in München zeigt.[1]Thomas Kantermann, Myriam Juda, Martha Merrow & Till Roenneberg: The Human Circadian Clock´s Seasonal Adjustment Is Disrupted by Daylight Saving Time. In: Current Biology 17, 1-5, … weiterlesen Die innere Uhr des Menschen, die seine circadianen, im Tageslauf rhythmisch stattfindenden…

  • Nacht- und Schichtarbeit aus chronobiologischer Sicht

    Menschen leben normalerweise mit dem 24-Stunden-Rhythmus des Sonnenlaufs, schlafen also nachts und sind am Tag aktiv. Eine im Hypothalamus gelegene innere (Haupt-)Uhr, so weiß man nun seit einiger Zeit, gibt diesen Rhythmus im Einklang mit dem Tag-Nachtrhythmus vor. Eine Gruppe von Nervenzellen im SCN (Suprachiasmatischen Nukleus) reagiert via Netzhaut auf Licht und Dunkelheit in der Außenwelt. Vom SCN führen Nervenbahnen zur Epiphyse (Zirbeldrüse), in der abends bei zunehmender Dunkelheit das Hormon Melatonin ausgeschüttet wird: Man wird müde und schlafbereit. Umgekehrt wird bei beginnendem Tageslicht (ab etwa 2.500 Lux) die Melatoninausschüttung gestoppt. In der Folge steigen Blutdruck, Puls und Körpertemperatur an, Verdauung und Ausscheidungsvorgänge werden aktiviert und die Reaktionsfähigkeit nimmt zu.…

  • Chronobiologische Aspekte des Essens

    In einem Experiment der Max-Planck-Gesellschaft lebten 400 Versuchspersonen freiwillig zwischen drei und vier Wochen in einem Bunker mitten im Berg von Andechs, völlig abgeschieden von der Welt. Viele von ihnen machten bei dem Versuch mit, um sich ungestört auf eine Prüfung vorzubereiten. Durchgeführt wurde das Experiment vor allem, um experimentell abzuklären, ob der menschliche 24-stündige Wach-Schlafrhythmus angeboren oder von außen gesteuert ist. Die an dem Versuch teilnehmenden Menschen lebten in einem unterirdischen Zimmer mit Küche, Bad und Zimmerfahrrad. Sie hatten keinerlei Zeitinformationen und auch keinen Kontakt nach draußen. Ihre einzige Verbindung zur Außenwelt war eine Art Schleuse, über die sie Bestellungen aufgeben konnten und das Bestellte auch erhielten. Äußere Zeitgeber…