-
Kann man mit Shiatsu Psychotherapie unterstützen? (Eduard Tripp)
Die Antwort auf die Frage, ob man mit Shiatsu Psychotherapie unterstützen kann, scheint auf dem ersten Blick leicht zu beantworten, beruht doch Shiatsu – und letztlich die gesamte traditionelle fernöstliche Philosophie und Medizin – auf einem ganzheitlichen Ansatz, der von einer untrennbaren Einheit von Körper, Seele und Geist ausgeht. Eine Trennung zwischen Psychotherapie und somatischer Medizin, wie wir sie in der Tradition der westlichen Medizin kennen, war dem traditionellen Fernen Osten gänzlich fremd. Die Energetik von Yin und Yang und auch die Manifestationen der Fünf Wandlungsphasen schließen alle Phänomene – somatische, emotionale, geistige und soziale – ein. Alles ist miteinander verbunden, bedingt einander, beeinflusst sich gegenseitig und wurzelt in denselben…
-
Shiatsu aus der Sicht der Psychotherapie (4). Unterstützung von psychisch-emotionaler Entwicklung mit Shiatsu (Dr. Eduard Tripp)
Shiatsu entwickelte sich im Japan des 20. Jahrhunderts und ist in seiner heutigen Form durch vielfältige Einflüsse geprägt. Sein Ursprung liegt vor allem in Anma (japanische Massage), deren Basis die traditionelle chinesische und japanische Medizin und Philosophie bilden. Anma war lange Zeit Teil der traditionellen ärztlichen Ausbildung, doch zunehmend verlor sich ihre therapeutische Bedeutung, so dass sie schließlich vor allem wegen der von ihr hervorgerufenen angenehmen und lustvollen Gefühle angewendet wurde. Viele Anma-Therapeuten, die mit ihren Behandlungen weiterhin therapeutische Ziele verfolgten, waren mit dieser Entwicklung unzufrieden. Dies führte schließlich dazu, dass sie sich mit der Bezeichnung Shiatsu von Anma abgrenzten und Shiatsu als eigenständige manuelle Behandlungsmethode weiter entwickelten. Für das…
-
Shiatsu aus der Sicht der Psychotherapie (3). Werkzeuge aus der Praxis der Psychotherapie, die die Arbeit in und mit Shiatsu unterstützen (Eduard Tripp)
Emotionale Begleitung und Begleitende Gesprächsführung Körperkontakt, vor allem, wenn ihn regressive (nach innen, in „frühes Erleben“ führende) Elemente kennzeichnen, wie das im Shiatsu der Fall ist, kann Gefühle, Erlebnisse und Erfahrungen „auslösen”. Die Ursache dafür liegt im „Körpergedächtnis”, das im Unterschied zu dem uns vertrauteren „semantischen (sprachlichen) Gedächtnis” schon von Beginn unseres Lebens an wirksam ist und alle unsere Erfahrungen in uns, in unserem Körper speichert. Werden Erfahrungen bei unseren KlientInnen wachgerufen, die mit heftigen Gefühlen einhergehen, sollte die Shiatsu-PraktikerIn über das notwendige Maß an Wissen, Erfahrung und Reife verfügen, um mit diesen Gefühlen, Wünschen und Bedürfnissen adäquat (ohne psychotherapeutischen Anspruch, denn dafür gibt es Spezialisten!) umgehen zu können. Der…
-
Shiatsu aus der Sicht der Psychotherapie (2). Für die Anwendung von Shiatsu relevante therapeutische Konzepte (Dr. Eduard Tripp)
Shiatsu ist eine ganzheitliche Methode, die Seele, Geist und Körper umfasst, und hat Berührungspunkte und Überschneidungen sowohl mit Massage und Körperarbeit wie auch mit psychotherapeutischen Ansätzen. In der Praxis des Shiatsu hat es sich deshalb bewährt, psychotherapeutische Blickwinkel und Konzepte einzubinden, die die Arbeit unterstützen und bereichern. Aus der Vielzahl der Konzepte, die in eine Shiatsu-Behandlung einfließen können, habe ich exemplarisch vier Themenbereiche herausgegriffen – im Bewusstsein, dass darüber andere wichtige Ansätze vernachlässigt werden. Körpergedächtnis Als Wesen, die wir immer (auch) unser Körper sind, speichern wir unsere Erfahrungen als energetische Muster in unserem Körper und in unseren körperlichen Strukturen. Dieser Vorgang ist dafür verantwortlich, dass wir im Alltag wie auch…
-
Shiatsu aus der Sicht der Psychotherapie (1). Erklärungsmodelle zur Wirkung von Shiatsu aus psychotherapeutischer Sicht (Eduard Tripp)
Ein entscheidender Ansatz der psychoanalytischen Entwicklungstheorie Freuds war die klinische Ableitung, dass die frühe kindliche Entwicklung in einem bis dahin kaum geahnten Ausmaß die Basis unseres späteren Lebens bildet und unsere spätere Entwicklung determiniert – ihre Möglichkeiten, aber auch ihre Problemstellungen und Fehlentwicklungen. Mit Freud und seinen Nachfolgern wurden erstmals die frühkindlichen Erfahrungen als Keimzelle der späteren Entwicklung ins Zentrum wissenschaftlicher Aufmerksamkeit gestellt. Grundtenor des Verständnisses in der Frühzeit der psychoanalytisch orientierten Entwicklungstheorie war die Vorstellung, dass die Entwicklung des Kindes von einem ursprünglich undifferenzierten Zustand, in dem unser späteres Sein nur als Potential angelegt ist, sich hin zu mehr und mehr Differenzierung, Komplexität und Reife bewegt. Die sehr frühen,…